Der Blockchainwelt Wochenrückblick 29. Mai 2022
Nachdem Terra vor mehreren Wochen kollabiert war, kommt es endlich zum Start einer neuen Blockchain unter dem alten Namen.
So will man das DeFi-Projekt wiederbeleben. Es gibt Neuigkeiten bei der Entwicklung zweier CBDCs und positive Nachrichten über die geplante Krypto-Besteuerung in Portugal.
Das Wichtigste in Kürze
- Terra-Gemeinschaft stimmt für Start neuer Blockchain
- LUNA Airdrop erfolgt
- Terra 2.0 und Terra Classic entstehen
- Krypto-Steuer in Portugal scheitert im Parlament
- Brasilien entwickelt weitreichende CBDC
- CBDC-Entwicklung in Thailand lässt nach
Terra (LUNA): So laufen die Wiederbelebungsmaßnahmen
Der am 8. Mai beginnende Crash des Terra-Ökosystems stellte Nutzer und Entwickler vor die große Frage: Wie geht es nun weiter? Mitgründer und Entwickler Do Kwon nahm sich einen Vorfall aus dem Jahr 2016 zum Vorbild.
Damals kam es zu einem Angriff auf The DAO. Das Projekt bildete die erste dezentralisierte Risikokapitalgesellschaft. Dem Angreifer gelang es durch einen fehlerhaften Smart Contract, den Investoren insgesamt 3,6 Millionen Ether zu entwenden.
Rasch trafen die Verantwortlichen die Entscheidung, Ethereum eines Hard Forks zu unterziehen und ein Abbild von vor dem Angriff wiederherzustellen. Auf diese Weise kehrten die Gelder an ihre rechtmäßigen Eigentümer zurück.
Während ein Großteil der Nutzer des Ethereum-Netzwerks diesen Plan unterstützte, äußerten andere Kritik. Ihrer Meinung nach verletze ein solches Vorgehen die Unveränderlichkeit der Blockchain.
Die alte Blockchain wurde schließlich weitergeführt und trägt seitdem den Namen Ethereum Classic (ETC).
Terra und Terra Classic – wo ist der Unterschied?
Auch bei Terra soll es zu einer Spaltung dieser Art kommen – dazu entschlossen sich Do Kwon und die Terra Builders Alliance – ein Zusammenschluss aus vielen unabhängigen Entwicklern, die ihre Projekte auf Basis von Terra entwickeln.
Da Terra zuweilen von einer DAO verwaltet wird, bedurfte es hierfür jedoch erst ausreichender Zustimmung durch Staker und Validatoren. Die überwiegende Mehrheit stimmte letztlich für die Spaltung.
Der Vorschlag mit dem Namen Rebirth sah vor, eine komplett neue Blockchain zu erschaffen, die unter dem alten Namen Terra (LUNA) fortexistiert. Dabei gibt es zwei wesentliche Unterschiede zum alten Projekt, das unter dem Namen Terra Classic (LUNC) weiterhin besteht:
- Terra (LUNA) unterstützt keine nativen Stablecoins mehr.
- Die Versorgung der LUNA wird neu verteilt.
Der grundlegende Programmcode bleibt hingegen der gleiche. Besonders der Stablecoin UST machte Terra populär. In Zukunft soll ein Wiederaufstieg mit Fokus auf dApps gelingen.
Die inoffiziell als Terra 2.0 bezeichnete Blockchain wird zwar wiederholt als Hard Fork des Originals bezeichnet, technisch gesehen handelt es sich aber nicht um eine solche Spaltung des Netzwerks, da die neue Version von vorn beginnt.
Terra 2.0 und Terra Classic starten
Bereits am Freitag sollte Terra 2.0 starten. Durch Verzögerungen bei der Entwicklung wurde das Ereignis schließlich um einen Tag verschoben und begann erst am Samstag, dem 28. Mai, um acht Uhr deutscher Zeit.
Zu diesem Zeitpunkt bildete ein neuer Genesis Block. Eine Milliarde LUNA entstanden durch ein Minting und wurden über einen Airdrop an die bisherigen Halter der alten UST- und LUNA-Token verteilt.
Erst im Laufe weniger Jahre werden sämtliche LUNA freigeschaltet, die aktuell gesperrt sind. Nach maximal vier Jahren sind auch die letzten Coins für die Nutzer zugänglich.
Die bis zum 28. Mai als Terra (LUNA) bekannte Kryptowährung trägt seit diesem Stichtag den Namen Terra Classic (LUNC), der TerraUSD (UST) heißt nun TerraClassicUSDC (USTC) und so weiter.
Mit dem Start der neuen Blockchain verliert Terra Classic bereits mächtig an Bedeutung. LUNC sackt über 30 Prozent in einem Tag ab.
LUNA steigt mit einem Preis von fast 18 US-Dollar am Markt ein und sinkt seitdem auf mittlerweile 5,70 US-Dollar um mehr als 70 Prozent.
CoinMarketCap zeigt aktuell eine Marktkapitalisierung von 1,2 Milliarden US-Dollar bei LUNA an.
Höchstwahrscheinlich ist diese Angabe fehlerhaft. Die bisher negative Kursentwicklung legt nahe, dass viele Personen, die durch den Airdrop erhaltenen Coins direkt verkaufen.
LUNA scheint sich aktuell bei einem Kurs von fünf bis sechs US-Dollar einzupendeln. Die Kryptowährung befindet sich gerade erst in ihrer Preisfindungsphase.
Auf vielen Marktplätzen wurde LUNC mittlerweile delistet. Die Nutzer müssen in diesem Fall oft mit einem Totalverlust leben.
Terra Classic führt Burn fort
Von vornherein kam die Frage auf, ob der Neustart einer Blockchain das vorhandene Problem lösen kann. Fakt ist, dass LUNC durch den Terra-Crash auf eine inflationäre Umlaufversorgung von mehreren Milliarden Coins anwuchs.
Üblicherweise senkt man eine inflationäre Umlaufversorgung durch einen anhaltenden Coin Burn.
Do Kwon lehnte diese Idee jedoch ab, da der fortwährend niedrigen Kurse von LUNC dazu führt, dass diese massenhaft neu entstehen können.
Einen Vorschlag zur Verknappung durch einen Burn bestätigte die Terra-DAO. Durch fehlerhafte Programmierung gelang der Plan vorerst nicht, sodass eine wiederholte Abstimmung notwendig wurde.
Schließlich vernichtete man auf diesem Weg 1,3 Milliarden LUNC, die sich zuvor im Community-Pool befanden. Dieses Geld unterliegt der Bestimmung der DAO.
Portugal: Krypto-Steuer scheitert im Parlament
Seit dem 30. März hat Portugal mit Fernando Medina einen neuen Finanzminister. Der Politiker der Sozialistischen Partei (PS) ist mit der aktuellen Gesetzeslage bezüglich der Besteuerung von Kryptowährungen unzufrieden.
Landesbewohner müssen auf Erträge aus dem Handel mit Kryptowährungen keine Steuern entrichten, sofern es sich dabei nicht um ihr Primär- oder Sekundäreinkommen handelt. Die Lissabonner Anwaltskanzlei FS Legal schreibt über die derzeitige Situation:
Kryptowährungen sind in Portugal nur besteuerbar, wenn eine berufliche Tätigkeit als Trader vorliegt.
Medina hält diesen Zustand für „ineffektiv und ungerecht“. Deshalb sollen Kryptowährungen ab sofort besteuert werden, sofern im Jahr Gewinne von über 5.000 Euro anfallen.
Durch langwierige Prozesse in der Gesetzgebung lässt sich diese Idee natürlich nicht so schnell realisieren. Wiederholt wiesen Portugiesen auf eine lahme Bürokratie in ihrem Land hin.
Medina erklärte vor dem Parlament:
Im Jahr 2022 ergreift die Regierung die notwendige Initiative, um eine Steuererklärungspflicht für Kryptowährungen einzuführen und deren Kapitalgewinne ab einem Mindestbetrag von 5.000 Euro zu besteuern.
Obwohl die Regierungspartei PS über die absolute Mehrheit im Parlament Portugals verfügt, scheitert Medinas Krypto-Steuer dort – zumindest vorerst. Langfristig ist der Erfolg jedoch zu erwarten. Bis es soweit ist, vergehen voraussichtlich mehrere Jahre.
Brasilien: CBDC digitaler Real in Entwicklung
Die brasilianische Krypto-Börse Mercado Bitcoin entwickelt mit dem digitalen Real die brasilianische Landeswährung als CBDC.
Dafür verwendet man die Stellar-Blockchain. Die Entwicklung erfolgt im Rahmen der LIFT Challenge, die von der brasilianischen Zentralbank ausgeschrieben ist.
Die Krypto-Börse will das digitale Zentralbankgeld zu einem Projekt der Superlative machen und kooperiert mit der Lending-Plattform Aave, dem Krypto-Unternehmen ConsenSys, sowie mit Visa und Microsoft, um Verwendungszwecke für die neue Währung herzustellen.
Thailands CBDC gerät in Verzug
Wie einige andere Länder der Erde, arbeitet auch Thailand aktuell an einer CBDC. Während Brasilien die Entwicklung des digitalen Zentralbankgeldes mit großer Nachfrage seitens der Einwohner begründet, erfolgt die Erarbeitung in Thailand auf direkten Wunsch der Regierung.
Beim Treffen des Weltwirtschaftsforums in Davos äußerte der Direktor der thailändischen Zentralbank nun aber, „der Bedarf, die CBDC zu veröffentlichen, ist nicht so hoch.“
Zwar arbeite man auch weiterhin am digitalen Baht, jedoch nur in einem sehr beschränkten Ausmaß. Grund für den Sinneswandel ist laut Direktor Sethaput Suthiwartnarueput ein ausreichendes Angebot an digitalen Zahlungsmethoden.
Thailand gilt gegenüber Kryptowährungen als besonders kritisch. Die freiheitliche Ausrichtung dieser ist der Regierung des Landes ein Dorn im Auge. Blockchainwelt berichtete bereits über dortige Krypto-Verbote.
Wo steht der Kryptomarkt Ende Mai 2022?
Zu Redaktionsschluss liegt der Bitcoin bei einem Kurs von 29.100 US-Dollar. Immer wieder stieg und fiel BTC in den vergangenen Wochen unweit um die 30.000 US-Dollar-Grenze. In der letzten Woche gab es keine nennenswerten Bewegungen.
Viele Kryptowährungen entwickelten sich ähnlich unspektakulär. Einige Kryptos verzeichnen teilweise negative Tendenzen. Verschiedene der Top 100 Kryptowährungen fielen in der letzten Woche um niedrige zweistellige Prozentzahlen – bei Ethereum mit -11,63 Prozent angefangen.
Die größten Verluste mussten die DeFi-Blockchain Waves und der Play-to-Earn Token GMT der App STEPN hinnehmen. Ihr Wert sank um 27,68 und 25,26 Prozent in den vergangenen sieben Tagen.
Gewinner der Woche ist Bitcoin Gold (BTG) mit einem Gewinn von 18,80 Prozent.