Was sind tokenisierte Aktien?
Tokenisierte Aktien sind Token auf einer bestimmten Blockchain, die entweder als echte Aktien existieren oder den Wert einer Aktie nachbilden.
Demnach entspricht die Kursentwicklung des Tokens möglichst genau der Entwicklung, welche die Aktie hinlegt.
In seltenen Fällen lassen sich native tokenisierte Aktien erwerben, die ein vollwertiger Anteilsnachweis sind und nicht nur einen Kurs nachbilden.
Tokenisierte Aktien können rund um die Uhr gehandelt werden und ermöglichen potenziell einen freieren Handel, der nicht der Überwachung und Regulierung von Behörden unterliegt.
Die Smart Contract Plattform Terra (LUNA) avancierte zum Zentrum des Handels mit tokenisierten Aktien, neben mehreren zentralisierten und dezentralisierten Krypto-Börsen, welche tokenisierte Aktien im Angebot haben.
Die erste tokenisierte Aktie
Anteile der schweizerischen Krypto-Börse Mt Pelerin, die am 16. Oktober 2018 auf den Markt kamen, gelten als die ersten tokenisierten Aktien der Geschichte.
Das Unternehmen bediente sich der Ethereum-Blockchain, um die Hälfte seiner Aktien als ERC-20 Token erhältlich zu machen.
Mt Pelerin nimmt damit eine Sonderrolle ein, da 500.000 der Aktien des Unternehmens nativ als MPS Token (Mt Pelerin Shares) existieren.
Es handelt sich dabei also um tatsächliche Anteile am Unternehmen und nicht um die übliche, bloße Abbildung einer Aktie.
MPS Token lassen sich einfach in klassische Aktien verwandeln, die sich auf einem Wertpapierkonto oder bei der Bank hinterlegen lassen.
MERJ is pleased to announce the successful listing of the MERJ-S equity token, the first such listing on a national securities exchange. A big day!https://t.co/otspwvdxpW#blockchain #securitytoken #digitalassets #cryptoexchange #securities #Exchanges
— MERJ Exchange (@MERJExchange) August 7, 2019
2019 folgte mit der seychellischen MERJ die erste Börse, die eine Abbildung ihrer selbst mit dem Token MERJ-S veröffentlichte. 16 Prozent der Anteile existieren als ERC-20 Token.
Die Bekanntgabe dieser Token brachte den beiden Unternehmen einige Aufmerksamkeit.
Deutlich beliebter sind insgesamt die verschiedenen tokenisierten Aktien des Mirror Protokolls, das auf Terra basiert und im Dezember 2020 startete.
Das Mirror Protokoll dient Handelsplattformen als Grundlage. Es ist in der Lage, synthetische Aktien zu erstellen.
Du interessierst Dich für Aktien? Mein Kollege Kirill hat für Dich eine Übersicht der 10 besten Krypto- und Bitcoin Aktien zusammengestellt.
Wie funktionieren tokenisierte Aktien?
Tokenisierte Aktien können nach drei verschiedenen Prinzipien funktionieren.
- Native tokenisierte Aktien sind ein wirklicher Anteilsnachweis einer bestimmten Firma.
- Synthetische Aktien, die mit einer stabilen (oder sogar einer instabilen) Wertanlage hinterlegt sind, funktionieren dezentral.
- Token, die mit der realen Aktie hinterlegt sind und dadurch praktisch den Wert dieser Aktie übernehmen.
Was sind native tokenisierte Aktien?
Die erste Kategorie kann nur dann existieren, wenn das Unternehmen die eigenen Aktien als tokenisierte Version ausgibt.
Sie bilden dann direkt eine (fast) vollständige Aktie im klassischen Sinn ab.
Da Aktien normalerweise strengen Regulierungen unterliegen und daher von Behörden genauestens überwacht werden, muss ein Nutzer eine Identifizierung vornehmen, wenn er sowohl eine Dividende ausgeschüttet bekommen als auch ein Stimmrecht als Aktionär erhalten möchte.
Tut er das, erhält er den vollständigen Umfang der Aktie. Verweigert der Inhaber die Identifizierung, kann er die Aktie lediglich besitzen und auf eine Wertsteigerung hoffen.
Aktien dieser Art sollen Personen erreichen, die einen traditionellen Aktienhandel ablehnen oder aufgrund der Gesetze ihres Landes von einem Handel ausgeschlossen sind.
Daher sind native tokenisierte Aktien auf dezentralisierten Krypto-Börsen zu erhalten. Dort ist keine Identifizierung notwendig.
Diese Aktien können vom Eigentümer selbst verwahrt werden und sind damit nicht anfällig für eine Konfiszierung.
Diese Aktien geben direkten Anspruch auf Dividenden. Das Stimmrecht kann nicht direkt wahrgenommen werden, jedoch lässt sich ein Mittelsmann beauftragen.
Dieser Mittelsmann ist das lizenzierte Unternehmen, das den Aktienhandel abwickelt.
Tokenisierte Aktien jener Art sind die einzigen, die der Nutzer bislang nicht von der Handelsplattform abheben kann.
Was sind synthetische Aktien?
Wird eine Aktie mit anderen Wertanlagen abgebildet, handelt es sich um eine synthetische Aktie.
Diese Form des digitalen Wertpapiers tritt primär bei Systemen wie dem Mirror Protokoll auf, das dezentralisiert funktioniert und daher auf den Kauf von echten Aktien als Wertsicherung verzichtet.
In seiner ersten Version bildete das Mirror Protokoll synthetische Aktien durch die Hinterlegung des algorithmischen Stablecoins UST.
Seit Juni 2021 existiert Version 2.0, die es erlaubt, instabile Kryptowährungen zu hinterlegen. Dazu gehört auch der inflationäre MIR Token.
Durch ausgefeilte Smart Contracts verhindert man den Wertverlust der tokenisierten Aktien. Die intelligenten Verträge achten darauf, dass immer genügend Hinterlegung vorhanden ist.
Das geschieht durch Orakel (meist englisch Oracle genannt), die den Wert der abgebildeten Aktie verstehen und automatisch Möglichkeiten zum Arbitrage-Handel schaffen.
Steigt der Kurs der echten Aktie, steigen Anreize, synthetische Aktien durch einen Burn zu vernichten. Sinkt der Kurs der Aktie, steigen die Anreize, neue synthetische Aktien zu erschaffen.
Terra verwendet ein ähnliches Prinzip bereits für viele verschiedene Stablecoins.
Im Hintergrund steht ein wechselseitiger Burning-Minting-Prozess, der die Hinterlegung in einem Smart Contract einschließt und dadurch temporär aus dem Umlauf nimmt (Burn). Gleichzeitig entsteht eine neue tokenisierte Aktie (Mint).
Die Orakel sorgen durch ihren Eingriff also für Veränderungen der Hinterlegungen, die den Wert der synthetischen Aktie bestimmen.
Wieso investiert man in synthetische Aktien?
Für Investoren ist das Prinzip deshalb attraktiv, weil sie durch das rechtzeitige Hinterlegen und Abheben ihres Vermögens Gewinne machen können – ein Arbitrage-Handel.
Die Preise der tokenisierten Aktien schwanken dadurch permanent und können sich vom Preis der originalen Aktie theoretisch weit entfernen.
Wie die Praxis zeigt, bleibt der Wert dem Originalpreis immer recht nahe.
Gewinne sind realisierbar, da der hinterlegte Wert immer einen bestimmten Anteil des Preises der synthetischen Aktie ausmachen muss (Collateral Ratio/Wertsicherungsrate).
Steigt der Wert Aktie so sehr, dass die nötige Wertsicherungsrate unterschritten wird, wird ein Teil der hinterlegten Werte liquidiert.
Diese liquidierte Hinterlegung wird wiederum an die Nutzer ausgeschüttet, die einen Arbitrage-Handel betreiben, indem sie ihre synthetische Aktie vernichten.
Hier sieht man den Pool Preis als aktuellen Handelspreis der synthetischen Aktie.
Daneben sieht man den Oracle Preis, den das Orakel anvisiert, da die originale Aktie aktuell zu diesem Kurs gehandelt wird.
Als Premium wird der preisliche Unterschied dieser Werte gekennzeichnet.
Die Wertsicherungsrate liegt oft bei mindestens 150 Prozent, lässt sich aber in einem gewissen Bereich frei wählen.
Bei als riskant eingeschätzten Aktien liegt diese Rate weit höher (meist bei 300 Prozent).
Umgekehrt können Arbitrage-Händler eine synthetische Aktie bei einem Hoch erschaffen (minten), indem sie eine Sicherung hinterlegen und anschließend an einen anderen Nutzer verkaufen.
Erschaffen sie zu einem späteren Zeitpunkt eine neue synthetische Aktie und verbrennen (burnen) diese, kommen sie an die eingangs hinterlegten Gelder.
Die Differenz zwischen ihrem Verkauf zu einem Hoch und zum Erschaffen der zweiten Aktie bei einem Tief ist der Gewinn.
Es ist wichtig zu wissen, dass der Nutzer die Wertsicherungsrate beim Erschaffen der tokenisierten Aktie selbst bestimmt. Ein Minten ist praktisch gleichbedeutend mit einer Short-Position.
Fällt der Kurs der Aktie unter den vorbestimmten Wert, wird die Position des Nutzers liquidiert, wodurch er einen Teil der Hinterlegung verliert.
Nutzer, die am Arbitrage-Handel nicht teilnehmen möchten, können die Aktie ihres Wunsches einfach bei Mirror erwerben.
Sie können dann von einem steigenden Kurs profitieren, ohne diese Aktie umständlich an einer Börse erwerben zu müssen.
Diese Aktien können vom Eigentümer selbst verwahrt werden und sind damit nicht anfällig für eine Konfiszierung.
Was sind tokenisierte Aktien mit realer Hinterlegung?
Tokenisierte Aktien, die mit der originalen Aktie hinterlegt sind, existieren ebenfalls. Sie lassen sich auf verschiedenen zentralisierten Krypto-Börsen erwerben – etwa auf FTX oder Bittrex.
Die weltgrößte Krypto-Börse Binance stellte den Handel mit tokenisierten Aktien 2021 ein, nachdem es zunehmende Konflikte mit Börsenaufsichtsbehörden gegeben hatte.
Der einzige Vorteil dieser Form besteht in einer gesteigerten Zugänglichkeit für Käufer.
Die Öffnungszeiten des handelnden Aktienmarktes müssen nicht beachtet werden. Stattdessen sind diese tokenisierten Aktien rund um die Uhr erhältlich.
Nicht jede tokenisierte Aktie, die auf einer zentralisierten Krypto-Börse gehandelt wird, ist generell im Verhältnis 1:1 von einer echten Aktie gedeckt.
Zudem müssen Nutzer oft eine Identifizierung vornehmen, damit sie diese tokenisierte Aktie erwerben können.
Für Nutzer, die aus Ländern stammen, welche sie prinzipiell vom Aktienhandel ausschließen, kommt diese Aktie also nicht infrage.
Zusätzlich werden sie von der jeweiligen Krypto-Börse verwahrt und können dem eigentlichen Eigentümer daher jederzeit entrissen werden.
Welches Problem adressieren tokenisierte Aktien?
Klassische Aktien unterliegen den Öffnungszeiten der jeweiligen Börse, an der sie gehandelt werden.
Überdies muss sich der Käufer identifizieren, wodurch eine Überwachung sehr einfach möglich ist.
Da viele Menschen auf der Erde oft von einem Handel ausgeschlossen werden, ist es ihnen praktisch unmöglich, jemals Anteilseigner zu werden.
Diese zwei Punkte schränken die Freiheit des Aktienhandels stark ein, können durch tokenisierte Aktien aber behoben werden.
Zudem können einzelne Aktien einen äußerst hohen Preis erreichen, sodass kleine Investoren nicht über die Mittel verfügen, eine Aktie zu erwerben.
Durch tokenisierte Aktien lassen sich Teilaktien erschaffen.
Diese bilden ein Bruchstück einer Aktie ab und können daher zu einem nahezu beliebig niedrigen Wert erworben werden.
Potenzial und Chancen
Tokenisierte Aktien bieten durchaus lukrative Möglichkeiten, am klassischen Finanzmarkt zu partizipieren.
Dieser Investmenttyp offenbart großes Potenzial und Chancen für Anleger. Doch auch die Kehrseite sollte Beachtung finden.
- Oft einfach und frei zu erwerben
- Handel nicht an Geschäftszeiten gebunden
- Kleinstinvestitionen möglich
- Identifizierung und Überwachung können vermieden werden
- Eigenverwahrung der Aktie möglich
- Transfer zu einem neuen Besitzer sehr leicht
- Synthetische Aktien des Mirror Protokolls lassen sich zwischen Terra, BSC und Ethereum transferieren und können dann als Liquidität dienen
- Selten eine vollwertige Aktie, meist nur ein Derivat
- Dividende und Stimmrecht daher nicht oder nur zu bestimmten Konditionen beanspruchbar
- Totalverlust durch eine Hinterlegung mit Kryptowährungen potenziell möglich (im Fall einer synthetischen Aktie)
Risiken und Herausforderungen
Native tokenisierte Aktien unterliegen nicht der gleichen Überwachung wie vollwertige Aktien, haben daher aber nur einen beschränkten Nutzen.
Gerade Dividende und Stimmrecht machen Aktien für viele Investoren so interessant.
Im Vergleich zu Kryptowährungen erfolgt bei Aktien oft nur ein sehr viel geringeres Wachstum.
Die Chance auf eine hohe Rendite ist also geringer als bei Kryptos, während das passive Einkommen ohne Identifizierung ausbleibt.
Da eine native tokenisierte Aktie den Anspruch hat, eine vollständige Aktie zu sein, dieses Vorhaben aber nicht gelingt, ist es unwahrscheinlich, dass tokenisierte Aktien jemals einen traditionellen Aktienhandel ersetzen können.
Vertrauen ist essenziell
Tokenisierte Aktien mit traditioneller Hinterlegung unterliegen den Bestimmungen der Börsenaufsichtsbehörden.
Diese können Nutzer vom Handel ausschließen. Diese Aktien funktionieren nicht vertrauenslos.
Der Käufer muss auf das Versprechen des Anbieters vertrauen, dass jede synthetische Aktie dieser Art mit einem originalen Gegenstück gesichert ist.
Da Aufsichtsbehörden im Hintergrund agieren, ist davon auszugehen, dass dieses Versprechen erfüllt wird.
Der Wert synthetischer Aktien wird von einer oder mehreren vollkommen unabhängigen Wertanlagen bestimmt.
Fällt der Kurs dieser Anlagen ins bodenlose, kann auch die synthetische Aktie vom originalen Vorbild gelöst werden und an Wert verlieren.
Diese Aktien funktionieren vertrauenslos und sind am freiesten zu erwerben. Im Hintergrund funktionieren Smart Contracts. Ein Verlust durch fahrlässigen Umgang mit Daten ist möglich.
In diesem Fall ist eine Erstattung nicht möglich, da diese Aktien dezentralisiert funktionieren. Eine Erstattung bei den anderen Kategorien ist hingegen möglich.
Das Angebot an tokenisierten Aktien ist gering und bildet niemals das volle Spektrum der verfügbaren Aktien ab. Bislang finden sich nur Abbildungen besonders populärer Aktien.
Wie und wo kauft man tokenisierte Aktien?
Native tokenisierte Aktien lassen sich unkompliziert auf dezentralisierten Krypto-Börsen erwerben.
Dazu besucht ein Nutzer die jeweilige Webseite (beispielsweise Uniswap) und verbindet seine Web-Wallet.
Die vorher aufgeladenen ETH oder ERC-20 Token kann er dann in einen gewünschten Token verwandeln – zum Beispiel in MPS.
Token mit originaler Hinterlegung werden lediglich auf zentralisierten Krypto-Börsen gehandelt.
Besonders populär sind aktuell FTX und Bittrex. Der Kauf mit Fiatwährungen und Kryptowährungen ist möglich, der Käufer kann aber nicht anonym bleiben.
Synthetische Aktien lassen sich auf dedizierten dApps handeln, erschaffen und vernichten.
Diese Aktien können auf verschiedene Blockchains übertragen werden, bilden dann einen Wrapped Token und lassen sich auf diese Weise in einem anderen Ökosystem anlegen.
Der Kauf gleicht dem der nativen tokenisierten Aktie.
DeFiChain ist eine ebenfalls dezentralisierte Plattform, die im deutschen Sprachraum besonders beliebt ist und synthetische Aktien anbietet.
Cake DeFi bildet dazu eine zentralisierte Alternative, bietet aber die gleichen synthetischen Aktien an.
Eine lückenhafte Liste der Angebote findet sich auf CoinMarketCap.
Dazu zählen die vollwertig regulierten und hinterlegten Angebote zentralisierter Krypto-Börsen und die unregulierten und frei zugänglichen Angebote des dezentralisierten Mirror Protokolls, das auf eigenen Plattformen eingebaut ist.
Fazit
Die drei verschiedenen Arten der tokenisierten Aktien unterscheiden sich stark voneinander.
Ein vollwertiger Ersatz ohne die Nachteile einer traditionellen Aktie ist nicht möglich.
Stattdessen kann ein Nutzer hauptsächlich von der Preisentwicklung einer Aktie profitieren, die tendenziell jedoch nicht so interessant ist wie die einer Kryptowährung.
Trotzdem werden tokenisierte Aktien immer beliebter.