MiCA: EU verordnet Regulierung des Kryptomarktes

Was bereits seit einiger Zeit Teil von Spekulationen war, wurde am 24. September 2020 auch offiziell verkündet: Die Europäische Kommission plant die Regulierung von Krypto-Assets.

Die „Markets in Crypto-Assets“ (MiCA) getaufte Verordnung soll für EU-weit einheitliche Regeln im Umgang mit digitalen Währungen und Krypto-Assets sorgen.

Derzeit unterscheidet sich geltendes Recht von Ländergrenze zu Ländergrenze teils erheblich. Was in dem einen Land für Stablecoins, Utility Token und Krypto-Fonds gilt, muss längst keine Gültigkeit in einem anderen Land haben.

Mit Blick auf die voranschreitende Akzeptanz des Kryptomarktes und den Erfolg der noch jungen Technologie ist das ein unbefriedigender Zustand.

Die neue Verordnung soll dem ein Ende setzen und bereits Ende 2022 in allen Mitgliedsstaaten in Kraft treten. Doch was umfasst die Verordnung der EU-Kommission genau und welche Auswirkungen könnten die neuen Regularien auf deutsche Kryptounternehmen haben? Wir fassen die wichtigsten Punkte der neuen Verordnung zusammen.

MiCA soll EU-weit für einheitliche Regeln sorgen

Wer sich näher mit geltendem Recht zur Regulierung von Finanzmärkten und Assets in der EU auseinandersetzt, dürfte von der Wahl der Bezeichnung der vorgestellten Verordnung nicht überrascht sein.

Sie erinnert stark an MiFID, „Markets in Financial Instruments“, also der Regulierung von traditionellen Anlageklassen, wie Aktien, Anleihen und Fonds.

Die „Markets in Crypto-Assets“ sind im Grunde das analoge Gegenstück zu den digitalen Assets der Kryptowelt. MiCA soll einheitliche Regelungen im Umgang mit Kryptowährungen, wie Bitcoin (BTC), Ether (ETH) und auch Facebooks Utility Token Libra, schaffen.

Die von der EU-Kommission vorgestellte Verordnung soll bereits Ende 2022 in allen Mitgliedsstaaten eingeführt werden.

Einschub: Aufbau und Organisation der Europäischen Union (EU)

Um die Bedeutung der Meldungen rund um die geplante Verordnung zur Regulierung von Krypto-Assets besser einordnen zu können, bietet sich ein Blick auf den Aufbau und die Organisation der EU an.

Die Europäische Union ist ein Zusammenschluss aus 27 europäischen Mitgliedsstaaten. Als eigenständige Rechtspersönlichkeit hat sie Einsichts- und Rederecht bei den Vereinten Nationen und ist gemessen am Bruttoinlandsprodukt der größte Wirtschaftsraum der Welt.

Abgesehen vom intergouvernementalen (zwischenstaatlichen) Recht kann die EU eigene Verordnungen in geltendes Recht auf alle Mitgliedsstaaten ausrollen.

Gemäß einem Gesetzgebungsverfahren werden neue Gesetze verordnet. Die Europäische Kommission ist in diesem Zusammenhang die Exekutive der Europäischen Union mit Sitz in Brüssel.

Nach der Annahme eines Gesetzesvorschlags oder -entwurfs, begleitet das Organ diesen entlang des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens bis zur endgültigen Annahme durch das Europäische Parlament und dem Europäischen Rat.

Ein solches Verfahren benötigt aufgrund der weitreichenden Folgen in der Regel einige Monate bis wenige Jahre bis zur vollständigen Annahme. Oftmals gelten darüber hinaus noch Übergangsfristen, bis eine neue Verordnung in geltendes Recht überführt wird.

MiCA: Druck auf die EU durch Facebook?

Grundsätzlich umfasst die neue Verordnung sämtliche Assets aus der Kryptowelt. Ein nicht zu verschweigender Fokus lag auf den an Popularität gewinnenden Utility Token.

Ein bekanntes Beispiel für einen solchen Token ist der von Facebook geplante Libra Coin. Mit einem Utility Token wird dem Besitzer beispielsweise ein Abstimmungsrecht erteilt oder er kann es als klassisches Tauschmittel verwenden.

Der vom Social-Media-Riesen geplante Libra Coin soll als sogenannter Stablecoin durch seine Wertstabilität als übergreifendes Zahlungsmittel fungieren.

Die Pläne des amerikanischen Unternehmens gehen dem Vernehmen nach weit über die eigene Plattform hinaus und könnten den weltweiten Zahlungsmarkt revolutionieren.

Bereits heute erzielen Stablecoins, wie der bekannte Vertreter Tether (USDT), ein höheres Transaktionsvolumen als Paypal.

MiCA soll die teilweise lückenhafte Gesetzeslage in den Mitgliedsstaaten in ein einheitliches Bild rücken. Analog zur komplexen Regulatorik der traditionellen Finanzmärkte soll auch MiCA diese Lücken schließen.

Zwar haben bereits die meisten Mitgliedsstaaten nationales Recht zur Regulierung von Kryptowerten eingeführt, dennoch ist der Umgang mit diesem Milliardenmarkt in vielen Ländern noch unreguliert.

Facebooks Vorstoß dürfte hier vermutlich für zusätzlichen Druck bei der Regulierung gesorgt haben. Eine lückenhafte Gesetzeslage erschwert primär Unternehmen die Arbeit, die in dem neuen Sektor Fuß fassen wollen. Gleichzeitig sorgen die länderabhängigen Gesetze keinesfalls für eine Chancengleichheit der Marktteilnehmer.

Das regelt die neue Verordnung der EU-Kommission

MiCA soll die zuvor genannten Probleme aus der Welt schaffen. Standortnachteile dürfen nicht Bestandteil eines aufstrebenden Milliardenmarktes sein, denn auch die EU dürfte grundsätzlich an den Vorteilen der Blockchain-Technologie interessiert sein.

Mit der Europäischen Zentralbank (EZB) plant eines der Organe der EU bereits seit einiger Zeit eine eigene, digitale Bankenwährung. MiCA soll ab Ende 2022 gleichermaßen für Emittenten und Dienstleister aus der Kryptowelt gelten.

Die mehr als 150 Seiten lange Verordnung teilt die Krypto-Assets zunächst in wesentliche Kategorien ein. Bereits hier zeigt sich, dass nicht jede Kryptowährung und jeder Utility Token automatisch durch die „Markets in Crypto-Assets“ reguliert wird.

So stuft die EU-Kommission unter anderem Security Token Offerings (STO) als Assets ein, welches durch die zuvor bereits erwähnte MiFID reguliert wird.

„Wir sollten den digitalen Transformationsprozess aktiv gestalten und gleichzeitig potenzielle Risiken minimieren. Die Zukunft der Finanzwelt ist digital.“ – EU-Kommissar Valdis Dombrovskis (49).

Die meisten Krypto-Assets stuft die EU unter der Bezeichnung „E-Money Token“ ein. Blockchain-basierte Aktien und Anleihen dagegen fallen nach wie vor unter die „Markets in Financial Instruments“, da hier das Wertpapier im Fokus steht.

Die größten Auswirkungen wird MiCA dagegen auf Emittenten, Dienstleister und Handelsplätze haben. Diese müssen einer Informationspflicht nachkommen und zu ihren Produkten ein Whitepaper veröffentlichen.

Dieses muss das Unternehmen an die zuständige Finanzbehörde übermitteln. Eine inhaltliche Prüfung findet dagegen nicht statt. Überdies wird der Kryptomarkt an die bestehende Regulatorik der Kapitalmärkte angeglichen.

Dadurch lassen sich Marktmanipulationen und der Insiderhandel zukünftig ahnden und entsprechend bestrafen. Für den Handel mit Kryptowährungen könnte dies ein nicht unwesentlicher Vertrauensschub sein.

Aktueller Stand der Regulierung in Deutschland

Bereits zum Jahresbeginn 2020 fanden in der Bundesrepublik umfassende Gesetzesanpassungen in Bezug auf Krypto-Assets statt.

Insbesondere die Verwahrung und Verwaltung kryptographischer Schlüssel wurde zur erlaubnispflichtigen Dienstleistung gemacht. Das bedeutet, dass deutsche Handelsplätze und Exchanges eine entsprechende Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) brauchen.

Mit Inkrafttreten der neuen EU-Verordnung ändert sich an geltendem deutschem Recht nicht sonderlich viel. Die in den „Markets in Crypto-Assets“ bestimmten Meldepflichten und der Umgang mit Krypto-Assets deckt sich bereits mit geltendem Recht in Deutschland.

Daher gilt Deutschland bereits heute als potenziell günstiges Einstiegsland in Europa für Unternehmen, die in dem Kryptomarkt aktiv sein wollen.

Auswirkungen von MiCA auf den europaweiten Kryptomarkt

Während die Regulierung des Marktes mit großer Wahrscheinlichkeit einen Vertrauensschub mit sich bringen und viele institutionelle Anleger Kryptowährungen stärker in ihre Aktivitäten einbinden könnten, dürften primär neue Fintechs Probleme mit der Umsetzung der Verordnung haben.

Die Verordnung sieht vor, dass Anbieter von Kryptodienstleistungen auch einen Sitz in einem Mitgliedsstaat haben müssen, wenn sie ihre Produkte in der Europäischen Union anbieten wollen.

Insbesondere in Ländern, in denen der Markt derzeit praktisch unreguliert ist, drohen Unternehmen aus der Kryptoszene hohe Kosten.

Der Erwerb von Lizenzen, die Kosten im Zusammenhang mit Meldepflichten und der Aufbau einer sicheren IT-Infrastruktur könnte hauptsächlich für kleinere Projekte das Aus bedeuten.

Anleger sollten daher prüfen, wie sich die Unternehmen aus den Mitgliedsstaaten auf die kommende Regulierung vorbereiten. Unternehmen aus Ländern, die bereits heute ganz oder teilweise reguliert sind, dürften mit MiCA dagegen weitaus geringere Probleme bekommen.

MiCA

Die Regulierung in anderen Ländern zeigt bereits, dass ein solcher Schritt neue Chancen bieten kann. Allen voran zeigt die Schweiz, welche kein Mitglied der EU ist, dass eine lückenlose Gesetzgebung neue Unternehmen anzieht.

Unser Nachbarland zeigt sich kryptofreundlich und arbeitet derzeit an einem „Krypto-Valley“, in dem Unternehmen entlang klarer Gesetze an ihren Projekten arbeiten können.

Doch die Verordnung der EU-Kommission zeigt auch, dass die Verantwortlichen den Druck auf Stablecoins und Utility Token erhöhen wollen.

Eine einheitliche Regulierung und die strengen Melde- und Lizenzpflichten deuten darauf hin, dass derartige Projekte als Gefahr für den Euro gesehen werden.

Insgesamt plant die EU ein Paket aus drei einzelnen Elementen. Diese sollen zum einen Kryptowährungen regulieren, zum anderen Strategien für die Bezahlung mit elektronischen Bezahlmethoden umfassen und zuletzt die Vertiefung der Kapitalmarktunion voranbringen.

Zusammenfassung: Die EU-Kommission verabschiedet Regulierung von Krypto-Assets

Die EU-Kommission hat mit den „Markets in Crypto-Assets“ (MiCA) eine Verordnung zur EU-weiten Regulierung von Krypto-Assets verabschiedet.

Neben Meldepflichten kategorisiert MiCA auch die einzelnen Assets in einzelne Bereiche, für die jeweils bestimmte Gesetzmäßigkeiten gelten. MiCA soll in allen 27 Mitgliedsstaaten für einen einheitlichen Umgang mit Kryptowährungen und Utility Token sorgen.

Dies könnte für Vertrauen beim Handel mit Kryptowährungen sorgen, denn Marktmanipulationen und Insiderhandel würden analog der traditionellen Finanzmärkte unter hoher Strafe gestellt werden.

Gleichzeitig bedingt die Ende 2022 in Kraft tretende Verordnung aber auch Schwierigkeiten für Emittenten und Dienstleister, die die hohen Kosten nicht stemmen können. Demnach könnten neue Fintechs von einem Markteintritt absehen und bestehende Projekte vom Markt verschwinden.

Insgesamt lässt sich der einhergehende Vertrauensschub durch die geplante Verordnung als positives Signal werten. Private und institutionelle Anleger könnten verstärkt den Handel mit Kryptowährungen wahrnehmen oder in Krypto-Fonds investieren.

Gleichzeitig vermeiden einheitliche Regeln Chancenungleichheit und sorgen für gleiche Bedingungen unter allen Marktteilnehmern.

Kommentare
  1. Ich finden Vergleich des Transaktionvolumen von Stablecoins mit Paypal nicht korrekt (ohne jetzt ein Anhänger von Paypal zu sein). Aber leider werden immer wieder solche hinkenden Vergleiche angebracht, um die Bedeutung von Kryptowährungen zu puschen. Wenn ein Vergleich mit Paypal gemacht wird, dann müsste verglichen werden, wie hoch das Volumen der Verwendung als Bezahlmittel ist. Das Handelsvolumen der Kryptowährungen hat damit erstmal gar nichts zu tun. Viele dieser Stablecoins haben z.B. hohes Handelsvolumen, weil Besitzer schwacher Währungen wie z.B. in Südamerika dort hineinflüchten.

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