Neuer ERC-777 könnte in Zukunft Millionen Verluste verhindern
Der ERC-20 ist wohl der am häufigsten genutzte Token Standard in Ethereum. Dennoch hat auch dieser seine funktionellen Grenzen und Schwachstellen. Daher werden immer neue Standards, wie der ERC-777, entwickelt. Er bringt einige Verbesserungen und könnte ein guter Nachfolger für ERC-20 sein.
Der ERC-20 war der erste Token Standard von Ethereum. Es dient den Entwicklern als Vorlage, um eigene Token für ihr Unternehmen oder ihre ICO zu erstellen. Durch das Nutzen von gleichen Protokollen und Funktionen erleichtert es die Arbeit erheblich und sorgt für eine weitverbreitete Anwendung des Tokens.
Bei den 211 ICOs im Jahr 2017, mit einem Gesamtwert von fast 4 Milliarden US$, wurde die Mehrheit der Token auf dem ERC-20 Standard gebaut. Mit Sicherheit hat der explosionsartige Erfolg der ICOs im vergangenen Jahr auch etwas mit der vereinfachten Handhabung durch das ERC-20 Protokoll zu tun.
Doch so funktional und entscheidend die ERC-20-Tokens auch sind, haben sie auch ihre Schwächen. Wie vielleicht aus anderen Aspekten des Lebens bekannt, ist der erste Versuch selten perfekt. Kritiker verweisen gerne auf die zahlreichen Bugs, die so ein Erstling häufig hat. Dies ist nicht ungewöhnlich, denn viele Probleme zeigen sich erst in der praktischen Anwendung und entstehen während der Weiterentwicklung des Ökosystems. So geht es auch dem ERC-20.
Eine der nützlichsten und attraktivsten Funktionen von Ethereum sind die Smart Contracts. Sie erlauben diverse Anwendungen ohne großen bürokratischen Aufwand. Das Problem ist jedoch, dass einige dieser Contracts nicht alle Token unterstützen. Wenn nun jemand versehentlich ERC-20 Token an einen nicht kompatiblem Vertrag sendet, werden diese vom Wallet abgebucht.
Da sie aber nie an ihrem Ziel ankommen können, sind sie unwiederbringlich gesperrt. Immer mehr Anfänger mit keinen oder nur wenigen Kenntnissen über die Blockchain-Technologie versuchen sich nun auf dem Markt zurechtzufinden. Häufig ist ihnen dieses Problem nicht bewusst und sie verlieren ihre Token und damit gleichzeitig das Vertrauen in die Blockchain.
Schätzungen und Hochrechnungen zufolge gingen allein im vergangenen Jahr dadurch Token im Wert von mehreren Millionen US$ auf diese Weise verloren. Der ERC-777 Token Standard soll dieses Problem lösen und dennoch die Vorzüge des ERC-20 Token beibehalten.
Vorstellung des neuen ERC-777 und seine Funktionen
Das ERC-777-Protokoll wurde im November 2017 auf GitHub vorgestellt. Primäres Ziel ist es:
- Die Stärken des ERC-20 Protokolls beizubehalten.
- Seine Schwächen auszubessern.
- Einige zusätzliche nützliche Funktionen zu ergänzen.
Diese Ziele werden durch folgende Funktionen und Anpassungen gewährleistet:
- Effizientere Abwicklung: Das ERC-777 Token Protokoll verringert die Anzahl der Transaktionen, die derzeit zum Ausführen eines Smart Contracts erforderlich sind. Bei ERC-20 ist bei einer Transaktion immer eine zweite Überprüfungstransaktion (Double-Call-Function) erforderlich. ERC-777 benötigt dies nicht, da sie eine Funktion enthält, die definiert, ob ein Token empfangen wurde oder nicht. Dadurch kann der Smart Contract sofort ausgelöst werden. Für den Nutzer bedeutet das eine schnellere Abwicklung der Transaktion. Für die Blockchain heißt das weniger Aufwand pro Transaktion.
- Sicherheit: Auch bei Sicherheitsfragen hat ERC-777 gegenüber ERC-20 einen Vorteil. Der neue Token-Standard erlaubt es dem Empfänger Token von einer bestimmten Adresse, die auf einer Blacklist stehen, abzulehnen. Diese schwarzen Listen enthalten meist Wallet-Adressen von Nutzern, die möglicherweise mit Hackern, betrügerischen, illegalen Aktivitäten oder einfach nicht kompatibel sind. Die Anzahl der durch dApps ausgeführten Transaktionen im Alltag nimmt stetig zu. Funktionen wie KYC (Know Your Customer) und AML (Anti Money Laundering) werden immer beliebter. Der ERC-777 kann dazu beitragen, das Vertrauen der Nutzer zu stärken und sie in ihrem Handeln selbstsicherer machen.
- Übermitteln von Information: Das ERC-777-Protokoll enthält ein Benutzerdatenfeld, in das der Absender dem Empfänger alle relevanten Informationen einbeziehen kann. Dies würde auch KYC / AML unterstützen. Der Empfänger könnte Informationen über die Identität des Senders und den Grund für die Transaktion erhalten.
- Rückwärtskompatibilität: Dies ist ein entscheidendes Element von ERC-777 Tokens. Das neue Protokoll ist kompatibel mit dem ERC-20 Token Standard. Es kommt daher nicht zu einer Aufteilung innerhalb des Ethereum Ökosystems, sondern erlaubt die Koexistenz von verschiedenen Standards. Die Umstellung für Unternehmen wird dadurch außerdem erleichtert.
ERC-777 – eine abschließende Bewertung
Das ERC-777 Protokoll ist noch relativ jung und wird nach wie vor diskutiert und verbessert. Erste Anwendungen des neuen Token-Standards müssen noch abgewartet werden. Die Blockchain-Technologie ist für Unternehmen eine neue Welt, an die sich viele noch vorsichtig herantasten.
Es stellt sich daher die Frage, wie bereitwillig so ein Wechsel von ERC-20 auf ERC-777 erfolgen wird. Schließlich haben sich viele Unternehmen erst ganz neu in den ERC-20 Standard eingearbeitet. Ein weiteres Problem, wenn sich Nutzer für den ERC-777 entscheiden: Wie soll der Wechsel erfolgen und was passiert mit dem alten ERC-20?
Es bleiben viele Fragen offen. Dennoch hat der ERC-777 viele Vorzüge und mit Sicherheit eine Chance verdient sich zu beweisen. Besonders die Rückwärtskompatibilität könnte den großen Verlusten in der Vergangenheit endlich ein Ende bereiten.