UnBlocked Cash | Oxfam setzt auf Stablecoin zur Katastrophenhilfe
Die internationale Wohltätigkeitsorganisation Oxfam kooperiert mit dem australischen Technologiestartup Sempo und dem Blockchain-Unternehmen ConsenSys. Im Zuge der Kooperation versuchen die Unternehmen herauszufinden, wie die Stablecoin Dai im Falle von Naturkatastrophen unterstützen kann. Hierfür haben die Kooperationspartner die philanthropische Initiative UnBlocked Cash ins Leben gerufen.
DAI soll die finanzielle Unterstützung bei Naturkatastrophen sicherstellen
Aus einer Pressemitteilung des australischen Mediums Micky geht hervor, dass Oxfam mit dem australischen Tech-Startup Sempo sowie dem US-Unternehmen ConsenSys kooperiert. Die Unternehmen erproben demnach den Einsatz der Stablecoin Dai zur finanziellen Unterstützung im Falle einer Naturkatastrophe. Aus diesem Grund haben die Kooperationspartner auch das UnBlocked Cash Program ins Leben gerufen. Dieses erhält ebenfalls Unterstützung durch die australische Regierung.
Gemäß Oxfam stellt der Einsatz einer Stablecoin zur Unterstützung im Krisenfall sei ein „Game Changer“. Demnach könne innerhalb eines kurzen Zeitraums schnell und transparent Hilfe an diejenigen erfolgen, die diese dringend benötigen. Zudem gab Oxfam bekannt, dass ein Teil des Systems in einem Flüchtlingslager im Libanon, welches sich unmittelbar vor der syrischen Grenze befindet, entwickelt wurde.
Dementsprechend führte Sempo bereits zum Ende 2018 erste Tests im kleinem Maßstab durch. Zudem kehrte das Erprobungsteam erst jetzt von einem umfangreichen einmonatigen Test in Vanuatu zurück. Der Test erfolgte in enger Zusammenarbeit mit Oxfam.
Sachleistungen stellen eine potenzielle Gefahr für die lokalen Gemeinschaften dar
Wie die Forschungen der vergangenen Jahre verdeutlichen, sind finanzielle Unterstützungen für Krisenregionen durchaus effektiver als Sachleistungen. So haben 70 Prozent der syrischen Unterstützungsempfänger die Sachleistungen veräußert, um sich die benötigten Gegenstände zu beschaffen, die eine Hilfe für die persönliche Situation darstellen. Außerdem beeinflussen kostenlose Sachleistungen die lokalen Anbieter und die gesamte Wirtschaft negativ. Gegen die finanziellen Mittel sprachen bisher vor allem die hohen Kosten und die Sicherheitsrisiken.
Um das Potenzial von Dai im Krisenfall zu testen, haben Sempo und Oxfam im Mai einen einmonatigen Test in Vanuatu durchgeführt. Vanuatu gilt als laut des Weltrisikoberichts als das am meisten von Krisen gebeutelte Land der letzten fünf Jahre. Demnach ist das Land anfällig für Tsunamis, Eruptionen und die Armutsquote ist hier besonders hoch – mehr als 10 Prozent der Bevölkerung leben mit weniger als 2 US-Dollar pro Tag. Im Zuge des Tests statteten die Experten rund zweihundert Einwohner der Insel Efate mit Guthabenkarten aus. Die Karten beinhalteten jeweils 4000 Vatu, dies entspricht rund 50 US-Dollar. Die Karten erhielten eine Referenzierung zu einer Ethereum-Adresse. Diese Adresse erstellte Oxfam und hinterlegte 50 US-Dollar in Form der Stablecoin Dai. Im Anschluss erhielten 34 lokale Verkäufer, hierzu zählten Unternehmen und Schulen, Android Smartphones. Mithilfe dieser mobilen Endgeräte konnten die Unternehmen Zahlungen der Karten abwickeln – hierbei kam die NFC-Technologie zum Einsatz.
Im Anschluss konnten die Verkäufer die erhalten Stablecoins gegen von Sempo zur Verfügung gestelltes Bargeld eintauschen oder gegen eine geringe Transaktionsgebühr umtauschen.
Erster Einsatz einer Stablecoin zu wohltätigen Zwecken
Laut Nick Williams, Mitgründer von Sempo, sei dies das erste Mal, dass eine Hilfsorganisation eine Stablecoin zu wohltätigen Zwecken eingesetzt hat. Dabei könne sich dieses Modell durchaus etablieren und auch Menschen ohne Zugang zu den internationalen Finanzmärkten Zugriff auf finanzielle Unterstützung sichern. Auch in der Vergangenheit erprobte Oxfam den Einsatz von Bargeld zur Unterstützung der Bürger von Vanuatu. Allerdings erforderte dies ausführliche Ausweiskontrollen sowie einen persönlichen Auftritt bei einer lokalen Bank. Folglich dauerte das Onboarding eines neuen Nutzers mehr als eine Stunde. Das Onboarding bei Dai belaufe sich lediglich auf sechs Minuten – Voraussetzung sind lediglich die NFC-fähigen Karten.
Zudem gibt es ein weiteres Problem, welches Unterstützer vor dem Einsatz von Bargeld abhielt – die Transparenz. Laut Sandra Hart, der Projektleiterin von UnBlocked Cash, sei es durchaus schwer nachzuweisen, für welche Zwecke das Geld verwendet wurde. Demzufolge haben die Unterstützer vermehrt auf Sachmittel gesetzt, da hier Belege bereitgestellt werden konnten. Nun ermöglicht die Stablecoin jedoch eine Ende-zu-Ende-Transparenz. Dementsprechend ist sichergestellt, dass die Empfänger der finanziellen Unterstützung auch diese Hilfe benötigen. Für Oxfam ist dies ein Game Changer, der die Unterstützung in Zukunft erleichtert.
Herausforderungen beim Einsatz der Stablecoin
Zusätzlich zeichnet sich die Dai durch eine natürliche Transparenz und Sicherheit aus. Während der ersten Testphase setzten die Organisatoren auf ein eigenentwickeltes System von Sempo, welches keine Transparenz aufwies. Die Hilfeempfänger gaben das zur Verfügung gestellte Geld hier oft in einer Transaktion aus. Die Dai-basierte Lösung, die von der Hilfsorganisation kam, sorgte für mehr Vertrauen. Folglich nutzen die Hilfeempfänger das Geld nur im Bedarfsfall. Nun kann die australische Regierung DAI kaufen und diese durch Smart Contracts direkt an die Bürger Vanuatus transferieren.
Zudem gilt das Internet in Vanuatu als sehr schlecht, sodass das System die Transaktionen zwischenspeichern muss. Sobald das Internet wieder verfügbar ist, landen sämtliche Transaktionen in der Blockchain (Was ist Blockchain?). Da die entsprechenden Daten, etwa der Kontostand, auf der Karte abliegen, lassen sich auch doppelte Transaktionen vermeiden.
Schlussendlich merkte Williams an, dass die Befähigung der Einwohner Vanuatus zur Verwaltung des zur Verfügung gestellten Geldes dazu beigetragen habe, dass sie eigenständige Entscheidungen treffen können. Demnach möchten die Betroffenen nicht nur die lokalen Geschäfte benutzen, sondern auch eine schulische Bildung sicherstellen. So gaben die Testpersonen das Geld für Lebensmittel, Gegenstände des täglichen Lebens, Kleidung, Kommunikation, Schulbildung und medizinische Versorgung aus. Insgesamt erfassten die Experten mehr als 2.000 Transaktionen.
Oxfam hat große Ambitionen für UnBlocked Cash
Allein im Mai ließ sich jede zwanzigste neu erstellte Dai-Adresse zu einem Einwohner Vanuatus zurückverfolgen. Laut den Vertretern des Projekts sei dies eine Möglichkeit, um eine globale Adaption der Blockchain-Technologie zu realisieren. Laut Williams plane Oxfam nunmehr die weitere Skalierung der Plattform, um eine bessere Versorgung im Krisenfall zu garantieren. Zusätzlich haben Auswanderer die Möglichkeit, Gelder über die Blockchain an die Familie zu transferieren. Bereits jetzt skaliert die Organisation den Dienst in dem Krisenland, um im Falle der nächsten Naturkatastrophe gewappnet zu sein.
Laut Kris Randel, technischer Leiter von ConsenSys Australia, sei es wunderbar zu sehen, dass eine elegante Blockchain-Lösung zur Bewältigung einer humanitären Herausforderung dient. Dabei offeriere die Lösung ein exponentiell verbessertes Ergebnis. Für ConsenSys sei eine unmittelbare Mitwirkung an solchen Projekten stets eine Besonderheit. Zudem sei es für zahlreiche Menschen der Grund, weshalb sie sich auf die Blockchain fokussiert haben.