Tether (USDT) Affäre könnte den Krypto-Handel bedrohen

Die Kryptowährung Tether (USDT)stand seit November 2017 immer wieder in der Kritik und sorgte für negative Schlagzeilen. Dem Unternehmen wird unter anderem vorgeworfen gemeinsam mit dem Krypto-Exchange Bitfinex den Bitcoin-Preis künstlich aufgebläht zu haben. Was ist dran an diesen Gerüchten und welche Auswirkungen hätte das auf den Kryptowährungsmarkt?

Tether ist eine Kryptowährung, die an den US$ gekoppelt sein soll. Das Unternehmen bietet auch eine Euro-Variante seiner Kryptowährung an. In Kürze soll es auch eine Währung geben, die an den Wert des japanischen Yen gekoppelt ist. Die Idee dahinter ist, Investoren und Tradern eine stabilere Kryptowährung zu bieten. Denn andere digitale Münzen unterliegen generell viel stärkeren Kursschwankungen.

Das Grundprinzip lautet, dass eine Person für 1 US$ im Gegenzug 1 USDT erhält. Doch auch dieser Token unterliegt minimalen Schwankungen. Der niedrigste Wert lag bei 0,80 US$ und der höchste bei etwa 1,10 US$ pro 1 USDT. Im Vergleich zu anderen Kryptowährungen fallen diese Schwankungen kaum ins Gewicht.

Die digitalen Münzen werden von einer Firma namens Tether Limited ausgegeben, die gemäß dem Rechtsteil der Website den Gesetzen der Britischen Jungferninseln unterliegt und in Hongkong eingegliedert sind.

Laut Angaben der Firmen-Website soll der Token zu 100 % durch Vermögenswerte auf einem Reservekonto gedeckt sein. Durch die Anbindung an eine „reale Währung“ soll der Kunde vor der Volatilität des Kryptomarktes geschützt werden. Die Kryptowährung wird häufig dazu verwendet, um andere Kryptowährungen wie Bitcoin zu kaufen.

Enge Verbindung von Tether und Bitfinex – die Akteure dahinter

Im Rahmen der Paradise Papers wurde enthüllt, dass Giancarlo Devasini und Philip Potter, CFO und CSO von Bitfinex, bereits im Jahr 2014 Tether auf den British Virgin Islands gegründet haben. Ein weiterer Name, der in der Führungsebene beider Firmen auftaucht, ist Ludovicus Jan Van der Velde. Vor dieser Enthüllung waren Devasini und Potter bemüht die beiden Unternehmen als separate Entitäten zu präsentieren.

Philip Potter, Bitfinex ‚Chief Strategy Officer, arbeitete in den 1990er Jahren für Morgan Stanley, wurde jedoch entlassen, nachdem er in einem Artikel der New York Times 1997 als materialistisch und hochgradig risikobereit dargestellt wurde. Über den Hintergrund von Devasini, dem Chief Finance Officer, ist wenig bekannt. Er gründete in den 1990er Jahren eine Computerhardware-Firma. Devasini wurde 1996 wegen des Verkaufs von Raubkopien von Microsoft-Software zu einer Geldstrafe von 100 Millionen italienischen Lira verurteilt. Die Vorgeschichte der beiden Führungspersonen nährt den Zweifel der Skeptiker und Kritiker zusätzlich.

Im Dezember 2017 stellten beide Firmen, nachdem die Kritik von allen Seiten immer lauter wurde, gemeinsam einen externen Sprecher ein. Die Tatsache, dass beide vermeintlich voneinander getrennten Firmen einen gemeinsamen Sprecher einstellen, macht die enge Verbindung noch deutlicher.

Die Problematik

Tether steht gleich auf mehreren Ebenen in der Kritik. Die Anschuldigungen kommen von verschiedenen Seiten. Obwohl das Unternehmen versucht sich gegen diese Anschuldigungen zu wehren, sind diese teilweise nicht von der Hand zu weisen. Die größten Probleme, mit denen sie derzeit zu kämpfen haben sind:

  • Zweifel an der Transparenz
  • Mangelnde Absicherung des Tether-Tokens
  • Beschuldigung des Waschhandels

Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Friedman LLP stellte in einem Bericht für Tether die Finanzen des Unternehmens zum Zeitpunkt des 15.September 2017 zusammen. Das Dokument zeigt, dass das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt Reserven in Höhe von 443 Millionen US$ und 1.590 € bei drei verschiedenen Banken hatte. Da die Plattform Coinmarketcap.com das Unternehmen in diesem Zeitraum mit etwa 420 Millionen Dollar bewertet hatte, wäre eine Deckung der Finanzen gewährleistet. Die Namen der Banken wurden in dem Bericht jedoch nicht angegeben und waren geschwärzt. Friedman gab außerdem in seinem Bericht an, dass sie die Authentizität der vorgelegten Aufzeichnungen nicht überprüft hätten. Anfang des Jahres wurde die weitere Zusammenarbeit zwischen Friedmann LLP und Tether bis auf weiteres aufgelöst. Ein endgültiges und umfassendes Audit der Finanzen steht daher nach wie vor aus.

Der wohl größte Kritiker ist ein anonymer Twitter User mit dem Namen Bitfinex’ed. Er behauptet, dass Tether USDT-Token ausgibt, die nicht durch tatsächliche, auf firmeneigenen Bankkonten gespeicherte Dollars abgesichert sind. Diese Tether-Token, so behauptet er, werden dann für den Kauf von Bitcoin verwendet, um Preiskämpfe anzuregen oder Verluste während eines Abschwungs zu mildern.

Die Beschuldigungen von Bitfinex’ed werden unterstützt durch den Bericht eines weiteren anonymen Autors. Dieser Unbekannte hat über einen längeren Zeitraum die Aktivitäten und Preisbewegungen von Bitcoin, Tether und Bitfinex analysiert und kam zu folgendem Ergebnis:

  1. Es wäre sehr unwahrscheinlich, dass Tether durch einen organischen Geschäftsprozess wächst. Das Wachstum wäre wahrscheinlicher durch den Druck, den es auf die Marktbedingungen ausübt, zu erklären.
  2. Eine Korrelation zwischen Ausgabe von Tether-Token und Preiserhöhung von Bitcoin zeichnen sich ab. In 48,8 % der Fälle kam es zu einer Kurssteigerung zwei Stunden nachdem Tether-Token ausgegeben wurden. Dabei stach besonders hervor, dass die Token immer dann ausgegeben wurden, wenn der Bitcoin-Kurs drohte abzufallen.
  3. Die Abhebungs- / Einzahlungsstatistiken von Bitfinex seien ungewöhnlich und nicht nachvollziehbar.
  4. Sollten sich diese fragwürdigen Aktivitäten bewahrheiten, so glaubt der Autor, könnte der Kurs von Bitcoin um 30 – 80 % fallen.

Der anonyme Autor forderte in seinem Bericht abschließend auf, die Anschuldigungen aus der Welt zu schaffen, indem ein umfassendes Audit von einem großen renommierten Wirtschaftsprüfungsunternehmen vorgelegt wird. Ganz so wie Tethers Sprecher es ursprünglich angekündigt hatte.

Was bedeutet das für den Kryptomarkt?

Sollten sich die Anschuldigungen bewahrheiten so hat das nicht nur für Tether und Bitfinex und ihre Nutzer schwerwiegende Konsequenzen. Experten fürchten, dass die Folgen das gesamte Ökosystem betreffen könnten.

Tether verfügt derzeit über ein Marktkapital von 2,2 Milliaren US$. Das tägliche Handelsvolumen übersteigt dabei laut coinmarketcap.com regelmäßig die Marktkapitalisierung. Die Kryptowährung zählt zu den Top 20 auf dem Markt. Experten halten es daher für systemisch wichtig. Denn der Großteil des Handels von verschiedenen Kryptowährungen wird darüber abgewickelt. Das könnte den Kurs von vielen anderen Kryptowährungen beeinflussen, da viele Exchange-Plattformen gegen USDT handeln.Sollte sich herausstellen, dass die Token nicht ausreichend gedeckt sind, könnte es außerdem zu einer Art Bank Run kommen. Dies würde passieren, wenn der Wert der Token gegen null geht und Trader plötzlich versuchen ihre Token gegen Fiat-Geld umzutauschen und zu anderen Börsen zu wechseln, die nicht USDT-gebunden sind. Das würde zu starken Preisunterschieden zwischen den verschiedenen Plattformen führen.

Die weniger kritischen Stimmen zu Tether

Neben den vielen kritischen Stimmen gibt es auch weniger drastische Meinungen. Ein Forschungsbericht von Bitmex.com versucht die Anschuldigungen zu relativieren und einen anderen Blickwinkel zu bieten.

Laut Bitmex muss der Mangel an Transparenz nicht zwangsläufig auf einen Betrug hindeuten. Tether ermöglicht den Benutzern ein gewisses Maß an Anonymität, wenn Transaktionen gesendet oder empfangen werden. Daher würden Aufsichtsbehörden und Banken dem System skeptisch gegenüberstehen. Das, so vermutet Bitmex, könnte es erschweren geeignete Partner zu finden, da Banken fürchten in kriminelle Aktivitäten hineingezogen zu werden, wie beispielsweise Geldwäsche.

Daraus ergibt sich ein Problem für Tether. Bitmex vermutet, dass das Unternehmen versuchen muss, diese für die Reservebanken sensiblen Punkte zur Funktionsweise der Plattform zu verschleiern. Die andere Alternative wäre Banken zu finden, die möglicherweise nicht so strenge Richtlinien bezüglich der Compliance-Verfahren haben. Bitmex hält dieses Dilemma für die wahrscheinlichere Begründung für die mangelnde Transparenz.

Fazit

Die Hintergründe zwischen Tether, Bitfinex und die massiven Anschuldigungen sind bisher nicht eindeutig geklärt. In einem Punkt sind sich Kritiker und Experten wohl jedoch einig: Die endgültige Antwort lässt sich nur durch ein umfassendes Audit finden. Doch ob und wann dieses erfolgen wird, ist bisher noch unbekannt.