evan.network | Aufbau einer europäischen Blockchain
Was steckt hinter evan.network? Nicht erst seit gestern geraten althergebrachte Geschäftsmodelle zunehmend in Bedrängnis.
Schauen wir uns nur einmal die Taxi-Industrie an, die sich durch Uber und andere Fahrdienstvermittler grundlegend verändert hat – oder die Hotelbranche, die durch Start-ups wie Airbnb völlig neu sortiert wurde.
Klassischen B2B-Märkten in der Industrie stehen diese Veränderungen erst noch bevor. Schon heute zeigt sich, dass unter anderem Kundenanforderungen immer individueller und somit Lieferketten zunehmend größer und unübersichtlicher werden.
Als Reaktion darauf spezialisieren sich bereits viele mittelständische Unternehmen auf wenige Kernbereiche und suchen verstärkt nach Kooperationspartnern. Experten sind sich sicher, dass flexiblen Kooperationen zwischen Unternehmen die Zukunft gehören wird.
Was hat Blockchain (Blockchain erklärt) jetzt damit zu tun? In Zeiten, in denen die flexible Kooperation mit Partnern und der Erhalt der eigenen Datenhoheit für Unternehmen oberste Priorität haben, könnten dezentrale Netzwerke zukünftig eine große Rolle spielen.
Dezentrale Netzwerke, auf denen sich Unternehmen miteinander verbinden und digital Informationen austauschen können, ohne dabei die Hoheit über die eigenen Daten an einen Dritten zu verlieren.
Mithilfe der Blockchain können solche dezentralen Netzwerke aufgebaut und betrieben werden.
Während sich deswegen heute bereits mehr und mehr Unternehmen mit der Blockchain-Technologie beschäftigen, muss man doch konstatieren, dass es bisher kaum Lösungen gibt, die für den Einsatz im Unternehmensalltag geeignet sind.
Neben der Tatsache, dass es Public Blockchains wie Bitcoin oder Ethereum schlicht an Business-Funktionalitäten fehlt, gibt es zahlreiche weitere Gründe, warum sie für den Einsatz in Unternehmen auf absehbare Zeit ungeeignet sein werden. (Performance, Energieaufwand, Datenschutz etc.)
Zwar gibt es bereits einige Unternehmen, die Blockchain-Lösungen für die Industrie anbieten, doch landet man dann meistens bei private Chains, die noch dazu von einem einzelnen Unternehmen betrieben werden.
Dadurch entsteht wiederum eine Abhängigkeit, und das ist ja eigentlich gerade das Gegenteil von dem, was man mit der Blockchain und dem Aufbau dezentraler Netzwerke erreichen möchte.
evan.network – Aufbau einer europäischen Blockchain für Industrieunternehmen
Seit einiger Zeit gibt es nun eine Initiative namens evan.network, die sich den Aufbau einer europäischen Blockchain zum Ziel gesetzt hat.
Einfach und sicher soll dort jedes Unternehmen, egal aus welcher Branche, eigene Geschäftsmodelle oder Prozesse auf Basis der Blockchain abbilden können.
Betrieben und weiterentwickelt werden soll das evan.network als konsortiale Blockchain von einem Zusammenschluss europäischer Unternehmen.
Die Technik hinter dem evan.network stammt dabei vom Dresdener Start-up contractus, welches aufbauend auf Ethereum in den vergangenen Jahren ein Enterprise Framework entwickelt hat.
Darin enthalten sind Lösungen für Themen wie die Einhaltung europäischer Datenschutzgesetze, Versionsmanagement von Smart Contracts und unter anderem die Vergabe rollenbasierter Rechte in Verträgen.
Dies sind wichtige Themen, wenn es um die Einsetzbarkeit der Blockchain in der realen Wirtschaft geht. Nachdem contractus im vergangenen Jahr noch versucht hatte, eigenständig erste dezentrale Netzwerke in verschiedenen Industrien aufzubauen, erfolgte nun der Entschluss, die entwickelte Blockchain-Technologie Open Source zu stellen und am Aufbau des evan.network federführend mitzuarbeiten.
Eingesetzt und getestet wurde die Technologie bereits in zahlreichen Pilotprojekten mit Unternehmen wie Bosch, Audi oder Festo – mit jeweils völlig unterschiedlichen Use Cases.
So wurde beispielsweise mit Festo die weltweite Serviceerbringung für Produktionsmaschinen auf Basis von Blockchain erprobt.
Dazu wurden Maschinenbetreiber, externe Servicetechniker und die Festo-Niederlassungen im Rahmen eines dezentralen Netzwerkes miteinander verbunden.
Außerdem erhielten alle Produktionsmaschinen einen digitalen Zwilling in der Blockchain und konnten selbstständig einen Servicetechniker und passende Ersatzteile anfordern.
Nach eigener Aussage sollen heute bereits erste produktive Cases von mittelständischen Unternehmen auf dem evan.network laufen und auch erste Partner sind schon an Bord.
Unter anderem hat das mit 160.000 Mitarbeitern weltweit tätige Beratungs-Unternehmen DXC.Technology erst kürzlich die Unterstützung für den Aufbau des evan.network öffentlich gemacht.
Ob das evan.network in nächster Zeit noch weitere namhafte Partner als Unterstützer für den Aufbau gewinnen kann, bleibt abzuwarten.
Stand heute ist die Technologie hinter dem evan.network, vielleicht gemeinsam mit Hyperledger Fabric von IBM, eine der wenigen ernstzunehmenden Lösungen für den produktiven Einsatz einer Blockchain im Industrieumfeld.