Zukunft dezentraler Versorgungsnetze
Eine Reihe von jungen Energieunternehmen entdeckt die Blockchain-Technologie für Versorgungsnetze. Schon jetzt werden dezentrale Netzwerke in Microgrid-Projekten, beispielsweise in Texas oder Tasmanien, eingesetzt. Die Blockchain verspricht mehr Transparenz, schnellere Zahlung und weniger Betrugsfälle in der Energiewirtschaft. Auch große Konzerne sehen Zukunftspotential in der Erweiterung der Technologie von lokalen Projekten in große, kommerzielle Netze.
Vorzüge der Blockchain-Technologie für die Energiewirtschaft
Bereits seit einigen Jahren erkennen Entwickler und Start-ups die Anwendungsmöglichkeiten der Blockchain außerhalb von Finanztransaktionen mit virtuellen Währungen. Wie Stephen Callahan als Vizepräsident von Global Strategy and Solutions for the Energy & Utilities Industry bei IBM hervorhebt, sieht er in der Blockchain ein ähnliches Potential für Vertrauensgeschäfte wie es das Internet für die Kommunikation hat. Die Energiewirtschaft ist ein Markt mit einem Wert von etwa 2 Billionen US-Dollar.
Die Blockchain-Technologie bietet Lösungsansätze für zwei der Kernprobleme bei Online-Transaktionen. Sie umgeht dritte Parteien und Vermittler und sie verhindert, dass einmal aufgezeichnete Transaktionen später verändert werden können. Dies hat für die Energiewirtschaft entscheidende Vorteile. Die Landschaft der Energieunternehmen ist geprägt von einem wachsenden und immer weiter liberalisierten Markt. Zudem nimmt die Bedeutung regenerativer Energien immer weiter zu. Dank der Blockchain sind dezentrale Transaktionen möglich, im Rahmen derer Kunden, kleine und große Energieversorger sowie auch andere Einheiten (beispielsweise Investoren) miteinander in Kontakt treten können.
Weitere positive Eigenschaften finden sich in den Token-Systemen, die in Blockchain-Konzepten zum Einsatz kommen. In Form virtueller Währungen können Kunden beispielsweise Anreize zum Energiesparen oder zur Nutzung eigener Solar-Panels ausgezahlt bekommen. Auch dies geschieht dank Smart-Contracts auf direktem Wege, transparent und in Echtzeit. Durch genaue Berechnungen auf der Blockchain könnten Angebot und Nachfrage genau aufeinander abgestimmt werden.
Gegenwärtige Blockchain-Projekte von Energieunternehmen
Die gegenwärtig noch spärliche Anwendung der Blockchain-Technologie bietet einige Chancen für Start-ups unter den Energieunternehmen. Das australische Projekt Power Ledger entwickelt gegenwärtig Plattformen zur kommerziellen Etablierung von Microgrids in Thailand und Indien. Ebenso arbeitet Power Ledger an Projekten in Westaustralien. Kürzlich gelang es dem australischen Start-up, in einer Initial-Coin-Offering (ICO) umgerechnet rund 26 Millionen US-Dollar zu generieren. Gemeinsam mit dem Energieunternehmen Origin Energy hat Power Ledger bereits in Sydney einen Probe-Microgrid für 200 Kunden ins Leben gerufen.
Auch das in Großbritannien ansässige Energie-Start-up Energi Mine bietet Kunden eine Blockchain-basierte Plattform. Seine Besonderheit besteht in einem Anreizsystem für das Energiesparen. Das Konzept bietet Nutzern eigene Token, mit denen Energierechnungen bezahlt oder elektrische Fahrzeuge geladen werden können. Ferner ist dieses Unternehmen auch im Bereich der künstlichen Intelligenz tätig.
Singapur durchläuft gerade eine Phase der Liberalisierung des Energiemarkts. Das Energieunternehmen Electrify plant, bereits im nächsten Jahr eine Blockchain-basierte Energiebörse für Produzenten und Verbraucher in die Wege zu leiten. Gegenwärtig bietet Electrify bereits ein Vergleichsportal für Energiepreise an. Das US-amerikanische Start-up Grid+ will nächstes Jahr in Texas ein Ethereum-basiertes Gerät anbieten (Was ist Ethereum?), das Nutzern und Eigentümern von Photovoltaik-Anlagen den Kauf und Verkauf von Strom ermöglicht.
Zukunftsaussichten der Blockchain für Energieunternehmen
Der World Energy Council geht von einem Marktwachstum der dezentralen Energieversorgung von gegenwärtig rund 5 Prozent auf bis zu 25 Prozent im Jahr 2025 aus. Neben kleinen und lokal begrenzten Probe-Netzen und Microgrids zeigen auch zunehmend Global Player wie Shell, IBM und BP wachsendes Interesse und steigende Kooperation mit Blockchain-Unternehmen. Alleine in diesem Jahr haben Blockchain-basierte Start-ups in der Energiebranche etwa 200 Millionen US-Dollar im Rahmen von ICOs generiert und Beobachter gehen von einer starken Ausweitung im kommenden Jahr aus.