Tether stellt Risiko für die Stabilität des Finanzsystems dar
Eric Rosengren, Präsident der Federal Reserve Bank von Boston, bezeichnete Tether während eine Online Präsentation am 25. Juni 2021 als „Herausforderung für die finanzielle Stabilität“, die von der US-amerikanischen Zentralbank beobachtet wird. Doch gehört Tether in seinen Augen nicht allein zu diesen Herausforderungen. Zwei weitere Punkte könnten das Finanzsystem ins Wanken bringen.
Rosengren bezeichnete im gleichen Atemzug den Stablecoin als einen der „neue Störenfriede“ für kurzfristige Kreditmärkte. Außerdem brachte er die in der Krypto-Szene wenig gern gehörten Worte “Regulierung” und “Aufsicht” mit ins Spiel, denn seiner Meinung nach wächst der Stablecoin Markt zu schnell und zu exponentiell.
Finanzielle Stabilität könnte durch Tether gestört werden
In einer Präsentation mit dem Titel „Finanzielle Stabilität“ benannte Eric Rosengren die Stablecoin Tether namentlich als Teil von drei verschiedenen „Financial Stability Challenges.“ Zu den Herausforderungen gehören seiner Meinung nach die Risiken für den Immobilienmarkt, die Notkreditvergabe in Krisenzeiten und „periodische Störungen der kurzfristigen Kreditmärkte“, wobei er Tether als einen möglichen Störfaktor benannte.
Auf einer weiteren Folie wies Rosengren darauf hin, dass die Marktkapitalisierung von Stablecoins rasant wächst und mittlerweile etwa 20 Prozent der gesamten Assets Under Management AUM von erstklassigen Geldmarktfonds ausmacht.
Der Grund, warum wir ein bisschen besorgt über Stablecoins sein sollten, ist, dass sie sehr schnell wachsen, also gibt es ein exponentielles Wachstum in Stablecoin. […] Ich denke, wir müssen umfassender darüber nachdenken, was die kurzfristigen Kreditmärkte mit der Zeit stören könnte, und sicherlich sind Stablecoins ein Element.
Darüber hinaus macht sich Rosengren Sorgen über die aktuell mangelnde Regulierung des Stablecoin-Marktes. In seinen Augen müsse sich die Federal Reserve Bank ernsthafte Gedanken machen, was passiert, wenn dieser Markt weiter wächst und ein wichtiger Sektor der Wirtschaft wird.
Der Präsident der Bostoner Notenbank sieht ein potenzielles Risiko besonders in künftigen Krisenzeiten. Das gilt insbesondere, wenn die Anleger in diesen Zeiten von dieser Art von Finanzprodukten sehr schnell Abstand nehmen.
Wie viel Wahrheit steckt in der Aussage über die Regulierung?
Nun stellt sich natürlich die Frage, wie viel Regulierungswahrheit tatsächlich in den Aussagen von Rosengren drinsteckt. Er merkte an, dass der Aufstieg von Stablecoins keine Bedrohung für die Kreditmärkte an sich darstellt. Doch sobald in irgendeiner Form das Thema der Regulierung von Kryptowährungen seitens staatlicher Behörden aufkommt, gehen bei vielen aus der Krypto-Community die Alarmglocken an. So geschehen auch bei Caitlin Long, CEO der Avanti Financial Group.
1/ HOLY COW–the Fed today, for the first time, explicitly called out tether–by name–as a risk to financial stability (namely, to short-term credit markets.) Here it is, in the Fed's own words & charts:https://t.co/XrsGre2A4j pic.twitter.com/jtOyhctEU8
— Caitlin Long 🔑 (@CaitlinLong_) June 25, 2021
Doch liest man weiter durch die Antworten auf ihren Tweet, wird schnell klar, dass Rosengren vielmehr von einer möglichen Herausforderung bei Tether in der Zukunft gesprochen hat, als von einem Risiko. Somit ist nicht final geklärt, ob eine Regulierung zeitnah kommt oder ob die Fed die Entwicklungen abwarten will.
Obgleich in der Vergangenheit von Stablecoins im Allgemeinen die Rede war, wurde Tether nun offiziell von einem lokalen Fed-Präsidenten benannt.
Tether bleibt eine der kontroversesten Kryptowährungen
Rosengren spricht zwar von potenziellen Herausforderungen auf den kurzfristigen Kreditmärkten, doch könnte die fehlende Transparenz von Tether auch insgesamt langfristige Auswirkungen haben. Seit seiner Gründung im Jahre 2014 konnte sich die Tether Inc., Herausgeber der Tether Token, erfolgreich gegen einen offiziellen Audit wehren.
Mit diesem Audit sollte belegt werden, dass das Versprechen, jeder Tether Token ist durch sein FIAT-Pendant gestützt, der Wahrheit entspricht. Viele Anleger in der Krypto-Szene zweifeln diesen Fakt an. Tether hat es nie offiziell bewiesen, dass es tatsächlich auch so ist. Im Mai 2021 war es nun nach über sieben Jahren so weit und Tether hat zum ersten Mal die Aufschlüsselung seiner Reserven offengelegt.
Doch hat diese Veröffentlichung bei vielen Experten mehr neue Fragen aufgeworfen, als dass sie die Bestehenden beantwortet hat. Der interessierte Leser des Audits konnte ein Tortendiagramm sehen, das zeigt, dass der Großteil der Reserven von Tether in Bargeld, Äquivalenten oder anderen kurzfristigen Einlagen besteht. Der Rest setzt sich aus besicherten Krediten, Unternehmensanleihen und anderen Investitionen zusammen.
Die erste Kategorie besteht jedoch größtenteils aus Commercial Paper, einer Form von Unternehmensanleihen, die leicht in Bargeld umgewandelt werden können – oder auch nicht, je nach Emittent und Marktbedingungen.
Es ist bisher unklar, wie die Ratings der Commercial Papers oder der Unternehmensanleihen lauten. Ebenso ist nicht bekannt, welche Agenturen sie bewertet oder welche Unternehmen sie ausgegeben haben. Tether verweigert bislang auch die Aussage darüber, wer die Kreditnehmer der Darlehen beziehungsweise Sicherheiten sind.
Ebenso verdächtig erscheint, dass es bei der veröffentlichten Aufschlüsselung keine Hinweise über eine unabhängige Überprüfung durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gibt. Da stellt sich natürlich die Frage des Warum.
Warum kommt ein Unternehmen, dass eine Stablecoin mit einer Marktkapitalisierung von über 62 Milliarden US-Dollar herausgibt, nicht seinem Versprechen und seiner Pflicht nach, seinen Anlegern 100 prozentige Transparenz zu bieten?
Ebenso ist das inflationäre Wachstum des Bestandes an Tether Token bisher nicht final geklärt. Aufgrund eben fehlender veröffentlichter Audits seitens Tether Inc. stehen nach wie vor Spekulationen im Raum, dass die Token aus dem Nichts erstellt werden und keine wirkliche Nachfrage dahintersteht.
Fazit – Tether bleibt weiterhin kontrovers diskutiert
Tether könnte sich in Zukunft in Krisenzeiten als Herausforderung für die Stabilität des Finanzsystems erweisen. Diese Aussage traf der Präsident der Bostoner Federal Reserve Bank, Eric Rosengren, während einer Online Präsentation. Er sprach damit die fehlende Regulierung der Stablecoin an, da Tether in seinen Augen einerseits sehr rasant wächst. Andererseits geben Anleger Finanzprodukte in Zeiten von Krisen schneller auf.
Das wirklich Kontroverse ist allerdings, wodurch Tether letztendlich gestützt ist. Wirklich verlässliche und überzeugende Aussagen konnte das Unternehmen hinter dem Tether Token bisher nicht bringen. Im Mai 2021 wurde eine Aufschlüsselung der verschiedenen Reserven, die hinter dem Tether Token stehen, veröffentlicht. Nähere Details über die Bewertungen der Commercial Papers oder der Unternehmensanleihen, welche Agenturen die Bewertungen durchführte beziehungsweise welche Unternehmen sie ausgegeben haben, bleibt Tether Inc. bislang schuldig.
Da verwundert es nicht, dass wilde Spekulationen im Netz kursieren. Beispielsweise stellt ein Twitter User die Frage in den Raum, ob die Notenbank hinter Tether steckt und es nur ein Test für die eigene zentralbankgesteuerte digitale Währung CBDC ist.
What if Tether is the Fed …. and it was actually a test for a Cbdc?? …Just a thought
— Sats Airdrop (@Staksats) June 26, 2021
Wer oder was auch immer hinter Tether steckt und warum sich Tether Inc. vehement dagegen sträubt, validierte Zahlen über die zugrundeliegenden Reserven preisgibt: Ich werde das Gefühl nicht los, dass etwas faul bei Tether ist.