Die Entwicklung der Kryptowährung Petro
Venezuela ist das Land mit der ersten staatlichen Kryptowährung weltweit. Die Kryptowährung „Petro“ wurde entwickelt, um Venezuela vor dem Bankrott zu bewahren.
Die Kryptowährung wird durch die Ölreserven des Landes gedeckt und erreichte durch ein Initial Coin Offering (ICO) Einnahmen in Höhe von 4,39 Milliarden US-Dollar.
Doch die Kryptowährung ist umstritten. Der Petro ist der venezolanischen Opposition und der US-amerikanischen Regierung ein Dorn im Auge. Lesen Sie mehr über die kontroverse Kryptowährung Petro und deren Hintergründe.
Die Entwicklung des Petros ist eng mit der Politik Venezuelas verbunden. Die Ursachen für die Entwicklung des Petros reichen bis in die Amtszeit von Chavéz zurück.
Venezuela wurde ab 1998 von Hugo Chávez regiert. Er galt als kontrovers. Seine politische Agenda strebte die „bolivarische Revolution“ an, welche nach dem Nationalhelden und Unabhängigkeitskämpfer Simón Bolivar benannt wurde.
Die Ziele der Agenda bestanden in der Sicherung der nationalen Unabhängigkeit Venezuelas, einer ökonomischen Eigenständigkeit, einer gerechten Verteilung der Einnahmen aus Erdöl, der Bekämpfung von Korruption und der Einigung Südamerikas.
Chavéz konnte sein Vorhaben des „Sozialismus im 21. Jahrhundert“ nicht umsetzen. Ein bezeichnendes Beispiel dafür ist das, mittlerweile verstaatliche, Erdöl-Unternehmen Petróleos de Venezuela S.A. (PdVSA).
Das Unternehmen fördert Öl aus dem Orinoco-Gürtel. Der Orinoco-Gürtel umfasst ein Gebiet von nahezu einer Million Quadratkilometer in Venezuela und Kolumbien.
Insgesamt verfügt Venezuela über ein Ölvorkommen von bis zu 300 Milliarden Barrel Öl, laut OPEC. Das entspricht 47,7 Billionen Liter Öl.
Bei einem aktuellen Ölpreis pro Barrel Öl von 67,7 US-Dollar entspricht das ganzen 3,195 Billiarden US-Dollar. Angesichts dieses potenziellen Reichtums ist es fraglich, wie es zu anhaltenden wirtschaftlichen Krise in Venezuela kommen konnte.
An diesem Punkt kommt Chavéz Politik ins Spiel. Er verstaatlichte die PdVSA nach seinem Amtsantritt und entließ 18.000 Mitarbeiter, darunter wichtige Ingenieure, Geologen, Finanzspezialisten und Techniker und setzte dafür Regimetreue ein.
Damit verstaatlichte Chavéz die Haupteinnahmequelle des Landes und finanzierte damit sogenannte „Misiones“.
Diese förderten die Armutsbekämpfung, steigerten die soziale Sicherheit, bewaffneten aber auch die Bevölkerung und wurden als Wahlkampfinstrument genutzt.
Die PdVSA arbeitete weniger effizient und nahm weniger ein. In Reaktion darauf veröffentlichte die PdVSA seit 2002 keinen Geschäftsbericht mehr.
Es ist davon auszugehen, dass ab diesem Zeitraum die Korruption in diesem Unternehmen gewachsen ist. Seitdem verschwinden Gelder in Milliardenhöhe.
Der gesamte Sachverhalt ist komplexer als dargestellt, aber Chavéz legte mit seiner Politik den Grundstein für die heutigen, schwierigen, wirtschaftlichen Verhältnisse in Venezuela.
Ihm wird vorgeworfen, sich nicht nachhaltig um die Wirtschaft und Politik des Landes gekümmert zu haben. Zudem seien in seinem Regierungsstil Ansätze eines Militärregimes zu erkennen, welches die demokratische Ordnung nur zum Schein erhielte.
Petro – Entstehung unter Nicolás Maduro
Nach dem Tod von Chavéz folgte Nicolás Maduro 2013 in das Präsidentenamt. Unter Maduro erreichte die Inflation Venezuelas einen Spitzenwert von über 2.600 %.
Die Inflation wird von der venezolanischen Regierung erzeugt, um Schulden im Ausland bedienen zu können. Die venezolanische Zentralbank druckt einfach so viel Geld wie nötig, bis die Schulden beglichen sind.
Zusätzlich erschweren ein niedriger Ölpreis, Korruption und falsches Wirtschaften eine Deflation. In Konsequenz dessen leidet Venezuela unter einer Versorgungs- und Wirtschaftskrise. Venezolanern fehlt es an Essen, Strom, Medikamenten und überlebenswichtigen Gütern.
In Venezuela hat sich längst ein Schwarzmarkt etabliert, über welchen die Staatsbürger des Landes versuchen zu überleben. Plünderungen und gewalttätige Auseinandersetzungen bilden mittlerweile die Regel.
Viele Staatsbürger setzten unter anderem auch auf Bitcoin Mining, um überhaupt ein Einkommen generieren zu können.
Unter Maduro erreichte die Inflation Venezuelas einen Spitzenwert von über 2.600 %
Maduro und seiner Regierung wird vorgeworfen, schwere Verstöße gegen Menschenrechte begangen zu haben. Weiterhin soll die Regierung selbst sehr korrupt und repressiv sein und die Etablierung eines autoritären Militärregimes vorantreiben.
Das zog auch Sanktionen wichtiger Industriestaaten auf sich. Die EU verhängte unter anderem ein Embargo für Militärausrüstung, Abhörausrüstungen und Finanzsanktionen gegen einzelne Personen.
Zudem fror die EU die Konten einzelner Personen ein. Die Sanktionen der USA richten sich auf den Handel mit venezolanischen Staatsanleihen, was die Regierung daran hindern soll, weiteres Geld zu erhalten.
Die PdVSA ist von den Sanktionen ebenfalls betroffen, auch wenn die USA immer noch Hauptabnehmer des venezolanischen Öls sind.
Um die Sanktionen zu umgehen und das Land aus der Wirtschafts- und Versorgungskrise zu holen, kündigte Maduro bereits letztes Jahr die Entwicklung einer staatlichen Kryptowährung an, den Petro.
Petro – Zahlen, Daten, Fakten
Der Zweck der venezolanischen Kryptowährung besteht in der Wiederherstellung der ökonomischen Stabilität und der finanziellen Unabhängigkeit des Landes.
Der Petro soll außerdem von den Ölreserven des Landes, aus dem Orinoco-Gürtel, gedeckt werden. Insgesamt sollen 100 Millionen Token für jeweils 60 US-Dollar verkauft werden.
Das entspricht dem Preis eines Barrel Öls zum Verkaufszeitpunkt und wurde von der venezolanischen Regierung festgelegt.
Die Kryptowährung basiert auf der Blockchain von NEM, jedoch ohne die Möglichkeit, Mining zu betreiben. Während des Verkaufs wurde ein Discount von bis zu 30 % gewährt.
Das Pre-ICO des Petro startete am 20. Februar 2018 und endete am 19. März 2018. Im Pre-ICO wurden insgesamt 38,4 Millionen Token für insgesamt 1,39 Milliarden US-Dollar verkauft.
Weitere 44 Millionen Token wurden dann im ICO ab dem 20. März zum Verkauf angeboten. Durch den Verkauf der Token erwirtschaftete die venezolanische Regierung nach eigenen Angaben insgesamt 4,39 Milliarden US-Dollar, aus Ländern wie Mexiko, Russland und China.
Die Einnahmen wurden dann wie folgt verteilt:
- 15 % gingen an Entwicklung und Bewerbung des Petro
- 15 % flossen in die Entwicklung von Apps innerhalb des Petro-Systems
- 15 % wurden für die Entwicklung der Infrastruktur und spezielle Areale gesteckt
- 55 % der Einnahmen sollen in das Land fließen
Um die Adaption des Petros voranzutreiben, gründete die venezolanische Regierung die Granja Laboratorio Petro Schule in Caracas.
Den Landesmedien zufolge bietet diese Schule kostenlose Mining-Schulungen für die eigenen Staatsbürger an. Dort sollen sie lernen, wie Kryptowährungen ge- und verkauft werden bzw. wie sie grundlegend funktionieren.
Ein weiterer Schritt Maduros besteht in dem Programm Plan Chamba Juvenil Digital. Das Programm soll Staatsbürger dazu bringen, Kryptowährungen in Mining Containern im ganzen Land zu minen.
Arbeitslose, Studenten, alleinerziehende Mütter und Obdachlose sollen darüber die Möglichkeit bekommen, sich etwas zu verdienen. Auch die Landesbanken wurden dazu angehalten, den Petro zu minen und als Zahlungsmittel zu akzeptieren.
Maduro lässt sich aktuell nicht vom eigenen Parlament irritieren. Die Nationalversammlung erklärte die Kryptowährung für illegal.
In Reaktion auf die Kryptowährung verbot der US-amerikanische Präsident, Donald Trump, den eigenen Staatsbürgern den Umgang mit der venezolanischen Kryptowährung. Letztlich unterminiere diese die US-Sanktionen gegen Venezuela.
Der Petro sorgt aktuell für mehr Geld in der Staatskasse
Fazit
Maduro plant neben dem Petro eine weitere Kryptowährung: Petro Gold. Die Kryptowährung soll durch die Goldreserven des Landes gedeckt werden.
Die Kryptowährungen sollen durch schlichte Rohstoffe gedeckt werden und dadurch ihren Wert erhalten. Kritisch betrachtet, stellt sich dennoch die Frage, ob Token-Käufer Öl zu einem verringerten Preis kauften.
Es bleibt zudem abzuwarten, ob sie für Token tatsächlich Öl erhalten werden, wenn sie diese eintauschen wollen. In der Konsequenz verkauft Venezuela entweder bereits Öl, was bisher nicht gefördert wurde oder nimmt über die Kryptowährung weltweit weitere Schulden auf.
Letztlich stellt sich auch die Frage, ob die Kryptowährung der richtige Weg aus der humanitären Krise des Landes sein wird.
Der Petro sorgt aktuell für mehr Geld in der Staatskasse. Das kann aber genauso veruntreut werden, wie die Einnahmen aus der Erdölförderung.
Der Petro ist außerdem für die internationalen Beziehungen Venezuelas nicht unbedingt förderlich. Solange er dafür sorgt, dass Millionen von Menschen in Venezuela nicht hungern müssen, ist der Petro aktuell ein Mittel zum Zweck.
Das erscheint aber so, als würde man mit einem Fass Wasser einen Waldbrand löschen wollen.
Update 12.04.2018: Die venezolanische Nationalversammlung hat sich für die Kryptowährung Petro ausgesprochen.