Notenbanker sehen zwischen CBDC und Blockchain keine Abhängigkeit

Eines der großen Zukunftsthemen im Finanzsektor sind digitale Zentralbankwährungen. Innerhalb der EU bestehen bereits konkrete Pläne zur Umsetzung eines digitalen Euros. Bisher haben viele Marktteilnehmer erwartet, dass die Einführung der digitalen Zentralbankwährungen auf der Blockchain-Technologie basieren. Allerdings muss dies nicht unbedingt der Fall sein. Insbesondere einige Manager der Europäischen Zentralbank haben zu verstehen gegeben, dass eine neue, digitale Währung nicht zwangsläufig auf einer Blockchain basieren muss.

Sind der digitale Euro und die Blockchain wirklich unabhängig voneinander?

Erst jüngst zeigte eine Studie der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, dass mehr als 80 % der Zentralbanken an einer digitalen Währung arbeiten. Diese Entwicklung mag nicht sonderlich verwundern, denn digitale Währungen haben einige Vorteile. So können die Steuerzahler den Fiskus nicht mehr um Steuereinnahmen bringen, Gelder von den Konten abziehen, um Negativzinsen zu vermeiden oder Bargeld im Zahlungsverkehr verwenden. Außerdem zeigt auch die Corona-Pandemie, dass digitale Bezahlmethoden dazu beitragen, das Infektionsrisiko im Pandemiefall zu reduzieren.

Eine Möglichkeit, um eine entsprechende Digitalwährung umzusetzen, ist die Blockchain-Technologie. Passende Beispiele wie Bitcoin, Ethereum oder Ripple zeigen, dass die Technologie das entsprechende Potential besitzt. Allerdings haben Thomas Moser, ein stellvertretendes Mitglied des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank, und Martin Diehl, Vertreter der Deutsche Bundesbank, am Montag auf der digitalen European Blockchain Convention über den aktuellen Stand im Bereich der CBDC diskutiert.

Etwas überraschend haben Diehl und Moser zu verstehen gegeben, dass eine neue Central Bank Digital Currency, kurz auch als CBDC bezeichnet, keine Blockchain als technische Grundlage benötige.

Gründe für den Verzicht auf eine Blockchain bei einer Notenbank CBDC

Die Gründe für eine unabhängige Entwicklung seien demnach vielfältig. So diese die Blockchain-Technologie im ersten Schritt zu Herstellung von Vertrauen in einem Netzwerk ohne zentralisiertes Organ. Ein gutes Beispiel hierfür ist beispielsweise Bitcoin. Bei einer Zentralbankwährung steht die Zentralbank allerdings als zentrale Entität zur Verfügung – ein Verzicht auf dieses Steuerungsorgan ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht denkbar. Immerhin obliegt der EZB die Aufgabe der Geldpolitik, welche durch die Steuerung der Geldmenge und des Preisniveaus stattfindet.

Aus diesem Grund merkte Moser an, dass die Involvierung der EZB für den durchschnittlichen Bürger ein ausreichendes Vertrauen stiften dürfte, sodass auf die Nutzung einer entsprechenden Blockchain verzichtet werden kann.

„[…]wenn Sie eine Zentralbank haben, dann ist dies die zentrale Partei.“ – Thomas Moser, Mitglied des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank

Nichtdestotrotz ist der Einsatz einer Blockchain im Bereich der CBDC nicht komplett abwegig, insbesondere beim Großhandel des digitalen Geldes. Der Großhandel findet nicht zwischen Privatkunden statt. Folglich verändern sich im institutionellen Bereich die Bedingungen maßgeblich. So sind im geschäftlichen Handel vor allen Dingen Großbanken, Geschäftsbanken, Clearing-Anbieter und andere Institutionen involviert. Auch eine Studie von R3 zeigt, dass dieser Trend bereits im Markt angekommen ist. Inzwischen ist der Konsum von Privatkunden-CBDC zurückgegangen. Seit Mai 2020 befinden sich nur noch Großhandel-CBDC in der unmittelbaren Produktion.

Forschungspapier mit Plänen für CBDC ohne Blockchain in Arbeit

Das es sich bei der Entwicklung einer entsprechenden CBDC nicht zwangsläufig um einen Zukunftstrend handelt, zeigt auch Moser. Laut eigenen Angaben arbeitet dieser zum aktuellen Zeitpunkt aktiv an einem Forschungspapier für eine CBDC, welche ohne eine Blockchain funktioniert. Diese neuartige Währung konnte im Einzelhandel zum Einsatz kommen. Nichtsdestotrotz soll auch weiterhin das Vertrauen in die Transaktionen eine hohe Relevanz einnehmen. In Zukunft könnte dieses etwa durch eine Technologie, welche Bildunterschriften analysiert, gewährleistet werden. Dabei sei das Papier in unmittelbarer Kooperation mit David Chaum, Kryptograph und Technologieexperte, sowie mit Chritian Grothoff verfasst worden.

Auch Martin Diehl, Leiter der Zahlungssystemanalyse bei der Deutschen Bundesbank, hat sich zum Thema geäußert. Demnach sei es nicht erforderlich, dass der digitale Euro auf einer Blockchain basiere. Außerdem ging der Manager auf zwei laufende CBDC-Projekte ein:

  1. Die Entwicklung des digitalen Yuan
  2. Die E-Krone in Schweden

Allerdings scheinen weder die Peoples Bank of China, noch die Riksbank an der Blockchain festzuhalten. Die Technologie sei schlicht und ergreifend nicht erforderlich, um eine entsprechende Umsetzung zu realisieren. Außerdem merkte Diehl an, dass es nur wenig sinnvoll sei, wenn eine zentrale Währung über eine öffentliche und erlaubnislose Blockchain funktioniere. Im Grunde sind Blockchains perfekt, um dezentrale Netzwerke wie Bitcoin oder Ethereum darzustellen. Allerdings ist es nicht möglich, dass eine zentrale Partei die Kontrolle übernimmt.

„Unpermissioned Blockchains, die für offizielle Blockchain-Transaktionen verwendet werden, sind für mich nicht denkbar.“ – Martin Diehl

Fazit: Einsatz einer Distributed Ledger Technologie bei CBDCs trotzdem nicht unwahrscheinlich

Die Meldung, dass die CBDCs grundsätzlich ohne Einsatz der Blockchain-Technologie funktionieren können, mag auf den ersten Blick etwas überraschen. Immerhin haben viele Marktteilnehmer erwartet, dass die Zentralbanken das Potential der zugrundeliegenden Blockchain-Technologie verwenden, um die Akzeptanz von Stablecoins wie Libra zu reduzieren.

Allerdings gibt es neben den Gründen gegen den Einsatz einer Blockchain auch zahlreiche Gründe, die für den Einsatz der Technologie sprechen. Allen voran ermöglichen Blockchains und Distributed-Ledger-Technologien besonders günstige Transaktionen. Durch den Verzicht auf zentrale Abwicklungs- und Konsensmechanismen ist es möglich, Zahlungen zu einem Bruchteil der üblich Kosten zu initialisieren. Auch China wird bei seinem Digital Yuan nicht auf eine klassische Blockchain setzen. Allerdings könnte die neue Währung trotzdem auf die Infrastruktur des Blockchain Service Network zurückgreifen und somit in den Genuss der Vorteile der Blockchain-Technologie kommen.

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