EU-Blockchain-Observatorium: DLT im Gesundheitswesen 4.0
Das EU Blockchain Observatory hat zu seinem fünften und neuesten Bericht die Möglichkeiten untersucht, die eine DLT (Distributed-Ledger-Technologie) zum Aufbau eines Gesundheitswesens 4.0 beitragen könnte. Und ob somit die Herausforderungen zu bewältigen wären, die die Zukunft des europäischen Gesundheitswesens stellen.
Die Veröffentlichung des Berichts erfolgte am 11. April 2022 durch das EU Blockchain Observatory und umfasst 66 Seiten. Darin sind die Erkenntnisse aus der Studie in die sieben wichtigsten Aspekte zusammengefasst sind.
Die Autoren sehen in der Implementierung der Blockchain-Technologie in das Gesundheitswesen eine vielversprechende Chance. Besonders die mögliche Kompatibilität mit den Grundprinzipien der Europäischen Healthcare 4.0 wird von den Autoren betont.
Distributed-Ledger-Technologie – Was ist das?
Die Distributed-Ledger-Technologie ist eine spezielle Form einer elektronischen Datenverarbeitung, die dezentral organisiert ist und ohne eine zentrale Datenbank auskommt.
Unter einem Distributed-Ledger versteht man ein verteiltes Knotenbuch. Bei dieser Art von Datenverarbeitung werden neue Datensätze dezentral und ohne Einhaltung einer zeitlichen Reihenfolge von vielen verschiedenen Nutzern dem Netzwerk zugefügt und dann nach regelmäßigen Updates zugeordnet.
Welche Erkenntnisse erbrachte die Studie?
1. Neue Herausforderungen für das alte System
Die Gesundheitsbranche wird immer wissensbasierter und komplexer. Eine große Vielfalt an Tools und Methoden macht das System anfällig für Fehler.
Somit wird ein flexibles und digitales System des Daten- und Wissensmanagements von großer Bedeutung. Ein entsprechendes System sollte einen einfachen und benutzerfreundlichen Zugang für die Patienten bieten, damit sie Zugang zu Ihren eigenen Daten haben.
Und dann ist da noch das alte Problem, welches bereits mit den früheren Novellierungen im Gesundheitssystem angegangen werden sollte, nämlich dass die Daten zu den einzelnen Erkrankungen und Behandlungen isoliert sind. Was eine schnelle und einfache Zusammenfassung zu einem generellen Gesundheitsstatus erschwert oder unmöglich macht.
Die Zusammenführung der einzelnen Daten wäre mit der Hilfe der Distributed-Ledger-Technologie einfach möglich.
Durch die Verwendung von Blockchains als Hauptbuch zur Aufzeichnung der Herkunft könnten Impfstoffe und andere lebensrettende Medikamente von ihrem Ursprung bis zu ihren aktuellen Standorten überwacht und verfolgt werden, wodurch die Verlegung oder falsche Kennzeichnung von Arzneimitteln und das Risiko von Fälschungen verringert werden.
2. Zentralisierung
In einem reibungslos ablaufenden Gesundheitswesen ist eine gewisse Zentralisierung von großem Nutzen, aber bisher ist genau dies eines der großen Probleme, das nicht gelöst werden konnten.
Gerade hier drängt sich die Nutzung von DLT nahezu auf. Mit der Hilfe von Distributed Ledger können Daten von verschiedenen Akteuren im Gesundheitswesen der Datenverarbeitung zugefügt und verarbeitet werden.
So können unter anderem die Auslastungen von Krankenhäusern und medizinischen Geräten in den Gesundheitseinrichtungen überwacht und ein eventueller Mangel oder Überschuss ausgeglichen werden – und das dezentral sowie geografisch uneingeschränkt, über alle Einrichtungen im gesamten europäischen Gesundheitsraum.
3. Fälschungen den Kampf ansagen
Eine der Hauptaufgabengebiete der Blockchain-Technologie ist die Verfolgung von Produktionsstätten und Lieferketten, um Betrug und Fälschungen zu erkennen und zu verhindern.
Und auch im Gesundheitswesen sind Betrug und Fälschungen ein großes Problem, denen man mit Blockchain-Technologie und DLT ebenfalls gut Einhalt gebieten kann. Dies ist sozusagen die DNA der DLT und Blockchain-Technologie.
Blockchain mildert die Probleme des föderierten Lernens und trägt dazu bei, Fairness und Verantwortlichkeit der Prozesse zu erreichen, Bedrohungen zu mindern und die Zusammenarbeit zwischen Organisationen voranzutreiben, indem es als globales Modell aus lokal trainierten Modellen dient und den Austausch von Modellen ohne Übertragung des Datensatzes ermöglicht.
4. Globalisierung dank Blockchain
Wie man bei COVID-19 gesehen hat, machen Krankheiten und besonders Pandemien vor Landesgrenzen nicht halt. Daher ist eine Internationalisierung des Gesundheitswesens angebracht.
Die Gesundheit der Menschheit ist ein zentrales Anliegen, daher wäre eine möglichst breite und globale Zusammenarbeit wünschenswert. Auch hier kann die Blockchain-Technologie, dank der Fähigkeit einen Informationsaustausch im großen Umfang rationalisieren zu können, behilflich sein.
Wie in der Industrie 4.0 sind auch im Gesundheitswesen 4.0 Hightech-Verfahren mittels Künstlicher Intelligenz und maschinelles Lernen der Weg der Zukunft.
Einmal mithilfe von DLT konsolidiert, können die Informationen zu medizinischen Anwendungsfällen aus einer Vielzahl von Organisationen weltweit verwendet werden, um maschinelle Lernalgorithmen trainieren zu können.
Um der DSGVO zu entsprechen, können Produkte Blockchain auf einer Ebene über Datenbanken verwenden, sodass es möglich ist, Transaktionen beim Datenaustausch zu überwachen und auf Informationen zuzugreifen, während alle persönlichen Gesundheitsdaten außerhalb der Blockchain gespeichert werden.
5. Datensicherheit
Ein Argument wird in dem Bericht noch infrage gestellt, und zwar die Frage nach der nötigen Datensicherheit der Patientendaten. Die ist mit Organisation in einer dezentralen Blockchain nicht eins zu eins zu vereinbaren.
Laut Meinung der Autoren wäre die beste Lösung eine Kombination aus der Anwendung einer Blockchain mit einer Off-Chain-Lösung.
Die Überwachung dezentralisierter Blockchain-Technologien erfordert eine neue Perspektive und kontinuierliche Weiterbildung, um festzustellen, wie diese Technologie in die aktuellen und zukünftigen regulatorischen Rahmenbedingungen integriert werden kann.
6. Ein Fazit, das ermutigt
Die Verfasser des Berichts ermutigen die Europäische Kommission, bei zukünftigen Rechtsvorschriften zu Krypto- und Blockchain-Technologien die möglichen Innovationen für die Informationstechnologie im Gesundheitswesen nicht außer Acht zu lassen.
Eine Überregulierung in der Krypto- und Blockchain-Welt kann wichtige und nötige Innovationen im Gesundheitswesen 4.0 abwürgen. Diese Gefahr muss bei jeder neuen Novelle der Regulierungen mit bedacht werden.
Die Verfasser fordern die Europäische Kommission definitiv auf, der Krypto- und Blockchain-Technologie mehr Freiheiten und Entwicklungsmöglichkeiten einzuräumen.
Das ist nicht nur eine gute Nachricht für die Entwicklung des Gesundheitswesens 4.0, sondern auch für die gesamten Krypto- und Blockchain-Technologie schlechthin.