Was ist die Distributed Ledger Technology (DLT)?

Wer sich mit der Thematik Blockchain auseinandersetzt, kommt an der Distributed Ledger Technologie (DLT) nicht vorbei. Genau genommen, würde die Blockchain Technologie ohne eben jenes Konzept wohl nicht existieren.

Denn das Konzept eines verteilten Hauptbuchs ist letztendlich die Grundlage einer dezentral organisierten Struktur. Um ein derartiges Konstrukt entwickeln und bilden zu können, müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein. Dabei hilft ein vertieftes Verständnis der Distributed Ledger Technologie.

Dieser Artikel beschäftigt sich mit folgenden Fragestellungen. Was ist DLT? Gibt es einen Unterschied zwischen der DLT und der Blockchain? Gibt es eine eindeutige Definition der Distributed Ledger Technologie?

Distributed Ledger Technologie Definition

Bei der „Distributed Ledger Technology“ (DLT) handelt es sich um eine englische Begrifflichkeit, die auch im deutschen Sprachraum Anwendung findet. Denn die deutsche Übersetzung – „verteiltes Kontobuch“ – umfasst nicht ganz die Bedeutung der Technologie. Mit „dezentral geführten Kontobüchern“, „Transaktionsdatenbanken“ oder dem häufig benutzten „verteilten Hauptbuch“ erweitert sich das Verständnis des Konzepts.

Was ist ein Ledger?

Um den Anglizismus besser einordnen zu können, ist ein Blick in die Buchhaltung hilfreich. In der klassisch zentral organisierten Finanzbuchhaltung bilden unzählige Konten die Grundlage des Geschäftsbetriebs. Zu- und Abgänge werden jeweils auf der Aktiv- oder Passivseite der Bilanz verbucht. Die doppelte Buchführung erwartet zum Jahresabschluss ausgeglichene Konten auf beiden Seiten. Die vielen Konten werden im englischen als Ledger bezeichnet.

Was ist Distributed?

„Distributed” bedeutet „verteilt“. Beim „Distributed Computing“ werden die anstehenden Berechnungsaufgaben durch einen Rechnerverbund gelöst. Dabei wird der arbeitsteilige Prozess von (räumlich getrennt arbeitenden) autonomen Computern ausgeführt. Diese Verteilung ermöglicht zum einen eine bessere Skalierung des Netzwerks, da mehrere Rechner interagieren. Zum anderen fördert es die Transparenz, da die jeweiligen Transaktionen (also Aufgaben) gewissermaßen offengelegt werden müssen, um bearbeitet werden zu können.

Ledger im Finanzsystem

In der Finanzbuchhaltung soll die doppelte Buchführung eine Art Garantie und Sicherheitsstufe für das ordnungsgemäße Buchen von Transaktionen darstellen. In diesem klassischen Ansatz wird das Hauptbuch meist von einer zentralen Instanz verwaltet. Trotz installierter Prüforganisationen wie der BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) hat die jüngere Geschichte die Schwächen dieses Systems aufgezeigt.

Durch gefälschte Bücher konnte beispielsweise das bis dato hoch dekorierte Fintech Unternehmen Wirecard die Bilanz fälschen. Weitere Finanzskandale haben Investoren teils massive Kursverluste geschert. Die Distributed Ledger Technologie kann hier womöglich Abhilfe schaffen. Nicht umsonst findet das Konzept insbesondere in der Finanzbranche bereits Anwendung. Darüber hinaus beschäftigt sich die BaFin seit geraumer Zeit intensiv mit der Funktionsweise der DLT und prüft hierbei regulatorischen Handlungsbedarf.

Distributed Ledger Technologie Funktionsweise

Vor mehreren Jahrzehnten war die Buchhaltung analog. In T-Konten wurden die Transaktionen vermerkt und in schier endlos langen Büchern verwahrt. Heute findet die Aufgabe über digitalen Lösungen statt. Doch das nachträgliche Eingreifen in das System begründet dessen Schwachstellen. Es ist korrumpierbar und kann somit gefälscht werden. Derweil können digitale Transaktionen auch auf andere Weise durchgeführt. Über ein sogenanntes „verteiltes Hauptbuch“ -Distributed Ledger.

Das Distributed Ledger System

Zum Durchführen einer digitalen Transaktion – man könnte auch von Buchung sprechen – brauchen sowohl Sender als auch Empfänger eine Adresse. Diese entspricht der traditionellen Konto- oder Buchungsnummer. Im DLT System handelt es sich hier um die aus dem Bereich Blockchain bekannte Walletadresse.

Dabei entspricht die Walletadresse dem Public Key (also dem öffentlich zugänglichen Schlüssel). Der Public Key ist wiederum kryptografisch mit dem Private Key (dem privaten Schlüssel) verbunden. Transaktionen werden durch den Private Key digital signiert und können von anderen Nutzern anhand des Public Keys überprüft werden.

DLT Transaktion und Bestätigung

Das sogenannte Double-Spending Problem wird immer wieder bei der Thematik digitaler Transaktionen betont. Dabei geht es um die Frage, wie der Empfänger mit Sicherheit davon ausgehen kann, dass der versprochene Vermögenswert auch tatsächlich vorhanden und somit übertragbar ist. Diese Absicherung wird klassischerweise von Intermediären (also Banken oder Staaten) übernommen. Sie prüfen die Konten und geben entsprechende Transaktionen frei.

In der Distributed Ledger Technologie ist dieses Vorgehen nicht notwendig. Es ist keine vertrauensvolle Buchungsstelle, ein Zentralverzeichnis („Master Ledger“) oder eine sonstige Clearingstelle von Nöten. Vielmehr ist dem System immanent, die zu transferierenden Vermögenswerte über die Dezentralität (also die Verteilung) zu bestätigen und zu verbuchen. Dieses Vorgehen führt wiederum zu einer Beschleunigung der Transaktionen, da nicht mehr relevante Zwischenschritte wegfallen.

Distributed Ledger und der Bitcoin

Die Blockchain ist somit eine Ausprägung der Distributed Ledger Technologie. Größte Bekanntheit hat die Blockchain ohne Zweifel durch den Bitcoin erlangt. An dessen Beispiel kann die DLT im Bereich Blockchain sehr gut erläutert werden.

Bitcoin als Distributed Ledger

Der Bitcoin ist aktuell sicherlich die Krone der Schöpfung im DLT Bereich. Als Antwort auf die Finanzkrise im Jahr 2008 geschaffen, erfüllt der Token alle notwendigen Kriterien für ein verteiltes Hauptbuch. Im Gegensatz zu klassischen oder auch neuartigen Bezahlmethoden erfolgt eine Bitcoin Transaktion P2P.

Wenn also Person A einen Bitcoin an Person B senden, wird dieser ohne Umwege zugestellt. Die Prüfung erfolgt durch die Miner im Proof-of-Work Konsens. Nach Sammlung verschiedener Transaktionen und der anschließenden Genehmigung durch die Lösung der Rechenaufgabe wird diese in einem neuen Block festgehalten. Dieser wird an die Kette angehängt und ist dann nicht mehr veränderbar. Die erfolgten Transaktionen können also nicht mehr rückgängig gemacht oder gefälscht werden.

DLT mit freiem Zugang

Um eine Transaktion im Bitcoin Netzwerk durchführen zu können, müssen sich die interagierenden Parteien nicht kennen. Die im System integrierte Konsensfindung garantiert einen Sicherungsmechanismus, der seines Gleichen sucht. Bei gleichbleibend hoher Verteilung – also Dezentralität – gilt die Transaktionsvalidierung des Bitcoin Netzes über den energieintensiven Proof of Work Mechanismus als ultimativ sicher.

Der Zugang zum System ist unbeschränkt (permissionless) und damit gerecht. Jeder Teilnehmer mit Zugang zum Internet kann Transaktionen anstoßen. Der Besitz von Bitcoin ist grenzüberschreitend möglich und erlaubt auch sonst ausgeschlossenen Marktteilnehmer (zum Beispiel aus Entwicklungsländern) eine Teilhabe.

Distributed Ledger Technologie im Einsatz

Das Kernmerkmal der DRT ist also die im System liegende Möglichkeit Transaktionen, ohne das Zutun eines Dritten zu veranlassen. Da es nachträglich nicht verändert werden kann, können alle zurückliegende (Trans-)Aktionen nachvollzogen werden. Sie dient also als dezentrales Register. Diese Sache zu Grund gelegt, sind vielzählige Einsatzmöglichkeiten vorstellbar.

DLT und der Finanzmarkt

Der Handel von Werten ohne die Zwischenschaltung einer weiteren Stelle birgt enormen Potenzial für den Finanzsektor. Neben der einfacheren und schnelleren Übertragbarkeit kommt hier der transparenten Identifikation von Käufer und Verkäufer eine entscheidende Bedeutung zu. 

Da ein verteiltes Hauptbuch nicht nur Informationen zur Höhe eines zu versendenden Betrags aufzeichnen kann, sondern weitere Eigenschaften bündeln kann, sind die Einsatzzwecke schier unbegrenzt. Der NFT Bereich (Non Fungible Token – nicht veränderbare Token) könnte in Kombination mit Smart Contracts den Besitznachweis revolutionieren. Dies würde weitere Intermediäre wie Notare oder staatliche Stellen obsolet machen.

DLT zur Übermittlung von Handelsdaten

Tatsächlich findet die Distributed Ledger Technologie bereits Anwendung beim Handel im Finanzsektor. Dabei wird beispielsweise der Bitcoin als Speichermedium von Handelsdaten verwendet. Das Verfahren nennt sich „Colored Coin“. Hier wird ein Vermögensgegenstand mit dem „bemalten“ Bitcoin verknüpft, der Bitcoin dient also als eine Art Trittbrettfahrer.

Durch das Senden des Bitcoins wird derweil gleichermaßen der verknüpfte Vermögensgegenstand übertragen. Praktische Anwendung erfährt diese Idee seit Ende 2015 beim Nasdaq. Unter dem Namen Nasdaq Linq wird seither eine Handelsplattform betrieben, die auf der Blockchain-Technologie (beziehungsweise dem DLT-Konzept) basiert. Dabei wird jede Transaktion, also jeder Wertpapierhandel, in einem blockchain-basierten dezentralen Register vermerkt. Ziel ist es insbesondere, das System widerstandsfähig gegen Angriffe zu machen. Doch soll auch Systemausfällen vorgebeugt werden.

DLT im Zahlungsverkehr und Interbankenhandel

Digitaler Zahlungsverkehr wächst von Jahr zu Jahr. Dabei fokussiert sich die Finanzbranche besonders auf internationale Überweisungen und deren Beschleunigung. Das sich seit langem am Kryptomarkt befindliche Projekt von Ripple (XRP) könnte hier Abhilfe schaffen. Mit seinem Devisen- und Zahlungsnetzwerk ermöglicht das Unternehmen kostengünstige Leistungen und garantiert eine unmittelbare Ausführung.

Insbesondere für den Umtausch von Währungen und für internationale Überweisungen. Zudem könnte die Distributed Ledger Technologie die Kommunikation im Bankensektor verbessern. Durch die Schaffung eines gemeinsamen Standards könnte die Transaktionsbuchführung vereinfacht werden und somit die Geschäftsbeziehungen von Bank zu Bank verbessern. Um den Interbankenhandel effizienter zu gestalten, arbeiten die Bank of America, Barclays, die Commerzbank, die Deutsche Bank und UBS an einer solchen Idee.

Distributed Ledger und die Blockchain

Die Blockchain und die Distributed Ledger Technologie gehören zusammen, wie das Internet und Webbrowser. Das eine funktioniert nicht wirklich ohne das andere. Viele Eigenschaften, die für die Adaption und Verwendung der Blockchain sprechen, sind letztlich auf die Idee der DLT zurückzuführen.

Dabei geht es letztendlich immer um die gleichen Prinzipien: Dezentralität, Verteilung, Zugänglichkeit, Gerechtigkeit, Transparenz, Nachvollziehbarkeit. All dies ermöglicht die korrekte Anwendung von verteilten Hauptbüchern.

Mit DLT zu mehr Dezentralität

Die zurückliegenden Wirtschaftsjahre haben uns die Grenzen des Kapitalismus aufgezeigt. Die alles beherrschenden Internetgiganten haben sich gefühlt zu Monopolen entwickelt. Zentral gesteuerte Institutionen scheitern durch das Versagen oder die absichtliche Manipulation Einzelner (Bankenkrise, Wirecard Skandal). Und sogar demokratisch gewählte Regierungen scheinen nicht immer im Sinne der Bürger zu handeln, sondern reihenweise den neoliberalen Empfehlungen der Lobbyisten nachzukommen.

Die Verteilung von Macht und Entscheidung durch die Nutzung der DLT würde unsere Systeme wieder demokratischer und somit gerechter gestalten. Wichtige Entscheidungen werden von den Teilnehmern getroffen und nicht von selbsternannten Experten. Durch die Verteilung der Ressourcen, verteilt sich Befugnis über deren Einsatz und Nutzen. Nur wenn wir es schaffen, der steigenden Zentralisierung entgegenzuwirken, können wieder mehrheitsdienliche Entwicklung geschaffen werden. Die Distributed Ledger Technologie ermöglicht genau das.

Mit DLT zu mehr Gerechtigkeit

Heute entscheiden von Staaten geformte Institutionen, welches Ranking unternehmen und Länder haben. In diesem Ranking soll die Zahlungsfähigkeit begründet sein. Und auch wenn das Konzept sicherlich seine Gründe hat, sorgt es doch auch für Ausgrenzung. So bestimmen beispielsweise die „entwickelten“ Länder nicht nur darüber, wer sich von A nach B bewegen darf (siehe die Flüchtlingskrisen der globalen Welt), sondern auch, wer an einem Währungssystem teilhaben darf. Bitcoin und Co. lösen dieses Problem. Kryptowährungen sind für jedermann zugänglich, der Zugang zum Internet hat. Doch auch ohne Internet ist eine Bitcoin Transaktion möglich.

Die DLT hat somit einen inklusiven Charakter. Sie stärkt die Vielen und nimmt den Wenigen die Macht über deren Leben. In unzähligen Ländern der Welt besitzen Menschen keinen Zugang zu einem Konto. Sie haben aber häufig ein Smartphone und Internet, womit sie sich Kryptowährungen kaufen können. Und eben dadurch ihr Erspartes vor Geldentwertung schützen. Unter dem Hashtag: #BitcoinFixesThis können auf Twitter unzählige weitere Beispiele eingesehen werden.

DLT für Transparenz und Nachvollziehbarkeit

Neben der in diesem Artikel häufig erwähnten unveränderbaren Nachvollziehbarkeit kommt der Transparenz eine entscheidende Bedeutung zu. Bitcoin ist beispielsweise nicht anonym, wie viele vermuten, doch sind die Ledger (Wallets) pseudonym. Soll heißen: es ist nicht eindeutig auszumachen, wer hinter einem Wallet steckt, aber nachvollziehbar, welche Transaktionen das Wallet durchführt und wie der Bitcoin Bestand ist.

Diese Tatsache könnte wiederum das Steuersystem revolutionieren. Richtig eingesetzt könnte darüber garantiert sein, dass die Vermögenswerte und -zuwächse auch entsprechend steuerlich berücksichtigt werden. Dies fördert die Solidarität, was wiederum das Miteinander stärkt.

Fazit: Distributed Ledger für mehr Gerechtigkeit

Der erste Teil dieses Artikels beschäftigt sich intensiv mit der Idee eines Distributed Ledgers und zeigt dessen Funktionsweise und Nutzen auf. Dabei wird klar ersichtlich, dass es bei den Themen DLT und Blockchain nicht ein „entweder oder“ sondern nur ein „und“ oder vielmehr ein „nur mit / nicht ohne“ geben kann. Ohne verteilte Bücher keine Blockchain.

Der zweite Teil soll in essayistischer Form darstellen, welche revolutionären Entwicklungen durch die Distributed Ledger Technologie beziehungsweise die Blockchain möglich sind. Neben der Thematik der Teilhabe spielen insbesondere Ideen und Gedanken für mehr (globale) Gerechtigkeit eine entscheidende Rolle. So kann die DLT nicht nur den Finanzsektor in eine positive Richtung verändern, sondern auch die Demokratie stärken und die Unabhängigkeit der Menschen von autoritären Führern ermöglichen.

FAQ

Was heisst Distributed Ledger auf Deutsch?

Bei einem Distributed Ledger handelt es sich um eine digitale Aufzeichung von Transaktionen. Diese Transaktionen werden zur selben Zeit an mehreren Stellen erfasst. Distributed Ledger würde auf Deutsch ein verteiltes Kontobuch sein.

Was bedeutet DLT?

Die Distributed Ledger Technologie (DLT) ist eine dezentrale Datenbank, die ihre Anwendung beispielsweise bei Blockchains findet. Durch die Dezentralität kann die Datenbank von unterschiedlichen Nutzern im Netzwerk genutzt werden.

Welche DLT Arten gibt es?

Es gibt mehrere Arten von Distributed Ledger Technologien. Die bekannteste ist die klassische Blockchain. Des Weiteren gibt es Hashgraph, Directed Scyclic Graph (DAG) oder Holochain.

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