Inflationsangst steht digitalem Euro im Weg

Fast untergegangen neben dem Corona Lockdown und seinen wirtschaftlichen Folgen wäre die derzeitige Kritik am Zentralbankensystem und der Ruf nach einem digitalen Euro. Obwohl sich Christine Lagarde nach Kräften müht und immer wieder betont, wie intensiv man an einem digitalen Zentralbankgeld als alternative Währung arbeitet, ebbt die Kritik an der möglichen Einführung nicht ab. Wie ein rotes Tuch wird indes die drohende Inflation gejagt und mit neuen Anleihenkäufen unter die selbstauferlegte 2 %-Grenze gedrückt.

Inflationsangst steht dem digitalen Euro im Weg

Es geht vor allem um die Tatsache, dass Zentralbanken Geld aus dem Nichts erschaffen können. Damit kann jede Zentralbank die Wirtschaft durch Festlegung von Zinssätzen stark beeinflussen. Die dazwischen geschalteten Geschäftsbanken sind die Mittelsmänner und profitieren von den geldpolitischen Maßnahmen natürlich vorwiegend aus eigenem Interesse.

Um die Inflation unter einem Niveau von 2 % zu halten, sind seit 2015 Möglichkeiten der sogenannten „quantitativen Lockerung“ (Quantitative Easing, QE) möglich. Die EZB kann damit Vermögenswerte von Geschäftsbanken aufkaufen und so das Wirtschaftswachstum im Euro-Währungsgebiet stützen.

Wie laufen diese quantitativen Lockerungen ab?

  • Die EZB kauft den Banken Anleihen ab
  • Das führt zu einer Steigerung der Kurse für diese Anleihen
  • Aber auch dazu, dass Geld in das Bankensystem fließt
  • Als Folge dessen sinken die Zinssätze auf breiter Front
  • Und Kredite werden günstiger für Unternehmen und Privatpersonen
  • Verbraucher zahlen weniger für die Tilgung ihrer Schulden
  • Das kurbelt den Konsum und die Investitionen an
  • Das sorgt für Wirtschaftswachstum und neue Arbeitsplätze
  • Damit sichert die EZB trotz steigender Preise eine Inflationsrate von nahe oder unter 2 % ab

Statt digitaler Euro Anleihenkäufe der EZB

Vom digitale Euro indes ist keine Rede mehr, zumindest vorerst nicht. Das neue Pandemie-Notfallkaufprogramm PEPP sieht den Kauf von Staatsanleihen, Unternehmensanleihen, Bonds und Asset Backed Securities vor. Obwohl nur wenige Wochen vom Lockdown betroffen, sind die wirtschaftlichen Auswirkungen der weltweiten Pandemie hierzulande und im gesamten Euroraum verheerend.

Im ersten Quartal 2020 sank das Bruttoinlandsprodukt um 3,8 % und Ökonomen rechnen erst für das vierte Quartal dieses Jahres mit einer leichten Erholung. Für das Gesamtjahr 2020 dürfte das BIP um 10 % oder noch mehr sinken, so Experten.

Dank dem Eingreifen der Europäischen Zentralbank EZB können Banken zu erschwinglichen Bedingungen Geld leihen. Am 04.06.2020 erklärte die Zentralbank in einem Pressebericht, dass der EZB Rat als Reaktion auf die pandemiebedingte Abwärtskorrektur der Inflation einer Erweiterung der PEPP auf insgesamt 1,35 Mrd. Euro zugestimmt hat.

Das Programm der Nettokäufe im Rahmen des PEPP ist bis mindestens Ende Juni 2021 verlängert worden und läuft in jedem Falle so lange, bis der Rat das Ende der Coronakrise und ihrer wirtschaftlichen Auswirkungen feststellt.

Die EZB ist den Krisenmodus durchaus gewohnt. So befindet sie sich seit ihrer Gründung im Juli 2009 schon mehr als die Hälfte der Zeit in verschiedenen Konflikten oder beschäftigt sich mit wirtschaftlichen Krisen. Und das nicht mal aus eigenem Verschulden, sondern weil sie keine andere Wahl hat. Denn sie kann den Pfad der unkonventionellen Geldpolitik nicht mehr verlassen.

Unkonventionell deshalb, weil zusätzliches Geld aus dem Nichts geschöpft und es außerhalb eines normalen Refinanzierungsrahmens dem Wirtschaftskreislauf zugeführt wird. Doch seit dem Überschwappen der globalen Finanzkrise in den Euroraum gehört dieses unkonventionelle Verhalten der führenden europäischen Bank zur Normalität.

Digitaler Euro sollte dezentral wie Bitcoin sein

Ihr Fortbestand ist offensichtlich bis auf Weiteres gesichert und die negativen Folgen ihrer unkonventionellen Geldpolitik bisher überschaubar. Und erst dann, wenn es für die Bürger einen spürbaren Verlust an Kaufkraft gibt, wird es wohl einen entfesselten Diskurs über die aufgezwungene Notfallpolitik der EZB geben, wenn überhaupt. Doch was ist mit einem digitalen Euro und dem Blockchain-Euro?

Der Bitcoin BTC hat sofort mit Kurssteigerungen reagiert, als die EZB von der Absicht neuer Anleihenkäufe berichtete. Wie alle Kryptowährungen auch, reagiert er ausgesprochen volatil auf politische oder gesellschaftliche Veränderungen. Vor allem, wenn sich diese um die Basis des klassischen Finanzmonopols drehen.

Inflation scheint bei den meisten EU-Staaten eine noch größere Angst als das Scheitern der EZB-Kursrichtung auszulösen. Das dürfte vor allem an den großen und konservativen Anlegern der 70er-Jahre liegen. Sie haben verinnerlicht, dass die Inflation unter allen Umständen verhindert werden muss.

Und so steht dieser Begriff für jede wirtschaftliche Katastrophe, die man sich vorstellen kann. Über jedem Kapitel an finanzwirtschaftlichem Fehlverhalten oder drohenden Kursverlusten schwebt stets der Geier der Inflation. Fest steht aber, dass Inflation überall vorkommt und trotzdem nicht automatisch zu einem chronischen Problem der Wirtschaft mutiert.

Für viele Skeptiker gehören die quantitativen Lockerungen zum letzten Überrest des sowieso sterbenden Kapitalismus. Die Kryptogemeinschaft indes sieht sich darin bestätigt, dass Kryptowährungen und vielleicht auch ein digitaler Euro den Tod des Kapitalismus bedeuten. Zentralbanken üben eine indirekte Kontrolle über die Wirtschaft durch künstlich niedrige Zinssätze aus. Doch diese künstlich niedrigen Zinsen führen zu großen Verzerrungen in der Wirtschaft.

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EZB setzt lockere Geldpolitik fort

Nicht nur, aber wohl auch unter dem zunehmenden Druck der allzu lockeren Geldpolitik, ist der europäische Einigungsprozess hinsichtlich eines digitalen Euros ins Stocken geraten. Vielerorts gibt es große Gräben zwischen der einen Seite, die die Europäische Union vor der größten Herausforderung seit ihrer Gründung sieht und der anderen Seite, bei denen sich Europa in der veränderten Welt neu positionieren muss.

Die Reform der Europäischen Währungsunion muss weitergehen, so Prof. Dr. Dr. h.c. Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts und Professor für Volkswirtschaftslehre, Seminar für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft, an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Darunter nicht wenige Anhänger, die den Bitcoin als „Antithese“ zum aktuellen Bankensystem sehen und eine dezentrale Alternative wie den digitalen Euro herbeisehnen. Doch die Differenzen über notwendige Reformen sind offenbar nur schwer zu überwinden. Und so hat es EZB-Chefin Lagarde trotz ihrer Sympathie für einen digitalen Euro derzeit schwer. Stattdessen soll es eine europäische Einlagensicherung geben, die verhindert, dass es in einzelnen Mitgliedstaaten wegen Corona zu einem Bankenrun kommt.

Ein Stillstand der Reformen wäre jedoch für beide Seiten die schlechteste Option. Es wird also weiter darüber diskutiert, ob und wie ein digitaler Euro aussehen könnte. Die europäische Politik vermittelt derzeit das Bild einer Gruppe aus Corona-bedingt müden Euro-Mitgliedern, die keine Energie mehr für weitreichende Reformen der Eurozone besitzen.

Digitales Zentralbankgeld rückt in weite Ferne

Zentralbankgeld soll als Reserve dienen, also Geld, das eine Bank bei der Zentralbank hält. Fehlt es an Reserven, geht die Fähigkeit der Bank verloren, das Risiko bei der Abwicklung von Transaktionen zu tragen. Mit steigenden Rückstellungen für Schulden müssen auch die Reserven bei den Banken steigen, sodass alle Geschäftstransaktionen abgewickelt werden können.

Das gelingt nur über frisches Geld der Zentralbanken. So wie jüngst geschehen im Programm zur Bekämpfung der Folgen aus der Coronakrise. Und so verfolgt die EZB auch mit ihren Anfang Juni bekanntgegebenen Maßnahmen weiterhin das konsequente Ziel einer Inflationsrate von unter 2 %.

Das bedeutet auch, dass die Machtstruktur der Geldschöpfung weiter am Laufen bleibt und Regierungen am meisten von diesem System, das sie billigen, profitieren. Die zentrale Behörde ist mit ihrer Machtkonzentration also genau das Gegenteil der dezentralen Systeme um einen Blockchain-Euro.

Bitcoin ist eine monetäre Revolution und erfordert einen Paradigmenwechsel. Die Kryptowährung ermöglicht enorme Einsparungen für zukünftige Investitionen und steht im Wesentlichen für den Nutzen der großen Mehrheit einer Bevölkerung anstatt einer kleinen Elite. Kryptowährungen sind in der Lage, finanzielle Souveränität zu bieten und gleichzeitig die individuelle Freiheit zu wahren.

Fiat-Geld kann dabei durchaus als Vorbild dienen. Schließlich hat es das Geld als Wertspeicher überhaupt erst möglich gemacht. Und kann durch Investitionen eine ganze Wirtschaft im Land am Laufen halten.

Gibt es bald einen digitalen Euro?

Zentralbankgeld nur Fortsetzung der EZB Macht?

Dabei agieren Kryptowährungen selbststeuernd und unabhängig von einem Nutznießer der Regierung und den Zentralbanken Europas. Deren Macht hängt direkt mit der Fähigkeit zusammen, Geld zu erschaffen. Zentralbankgeld könnte dann nur eine Fortsetzung dessen sein und das Diktieren der Geldpolitik in digitaler Form weiterführen.

Der positive Einfluss auf die Wirtschaft wäre auch dann überaus fraglich. Schließlich basiert die EZB-Macht weitestgehend auf der Tatsache, immer neue Schulden zu machen, um den Lebensunterhalt der Bürger zu gewährleisten. Die Frage mag am Ende also sein, inwieweit wir uns einen digitalen Euro aus Sicht der Steuerzahler leisten wollen und können.

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