Digitaler Euro im Gespräch: Bundesfinanzminister Scholz offen

Wenn es nach den Plänen der Europäischen Union geht, ist die Einführung eines digitalen Euros durchaus denkbar. Grund für die plötzlich positive Sicht auf programmierbare Währungen dürfte die Ankündigung von Facebook sein. Das US-Amerikanische Unternehmen plant mit Libra eine eigene digitale und vor allem globale Währung in Umlauf zu bringen. Das Netzwerk hat rund 2,5 Milliarden Nutzer und die könnten das Finanzsystem weltweit auf den Kopf stellen, berichtet Reuters.

Globale Cyberdevise Libra schreckt EU und EZB auf

Schon Ende Oktober, kurz nach der Pressemitteilung von Marc Zuckerberg, gab es eine hohe mediale Aufmerksamkeit. Doch jetzt gibt es ein Entwurfspapier der Europäischen Union, die unter der finnischen Ratspräsidentschaft über die Einführung einer gemeinsamen digitalen Währung nachdenkt.

Auf einem Treffen der EU-Finanzminister diesen Freitag soll sich über eine gemeinsame Vorgehensweise gegenüber privaten Cyberdevisen wie den Libra verständigt werden.

Das Statement der „G7 Working Group Stablecoins“ auf dem G7 Treffen in Tokio weist darauf hin, dass die Politik durchaus bereit ist, über einen „Trade-Off“ nachzudenken. Man wäre durchaus bereit mit Hinblick auf den internationalen Zahlungsverkehr, über eine Lösung für den potenziellem Effizienzgewinn nachzudenken.

Dabei will man aber die hervorgerufenen Risiken auf keinen Fall vernachlässigen, denn die Entscheidungen der nationalen und internationalen Politik in diesem Punkt könnten weitreichende Bedeutungen für die Geld- und Währungsordnung haben.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz bezieht Stellung

Die Überlegungen innerhalb der Europäischen Union als Antwort auf die Libra-Pläne sieht auch der Bundesfinanzminister Olaf Scholz positiv:

Ein solches Zahlungssystem wäre gut für den Finanzplatz Europa und seine Einbindung ins Weltfinanzsystem, so der SPD-Politiker laut einem Zitat der „WirtschaftsWoche“.

In einem Vorabbericht hatten sich bereits die Unionsbundestagsfraktion und der Linke-Bundestagsabgeordneter Fabio De Masi für einen staatlich garantierten Euro eingesetzt. Die Bundesregierung gab erst vor zwei Wochen der Einführung privater Digitalwährungen als Alternativ zu staatlichen Währungen ein klares Nein.

Aufgeschreckt von der Möglichkeit, dass mehr als 2,5 Millionen Facebook User die geplante Digitalwährung Libra im internationalen Geldsystem nutzen könnten, zeigt sich die Europäische Zentralbank besorgt und lotet entsprechende Möglichkeiten aus.

E-Euro nur eine von vielen Möglichkeiten

Die Finnen sind derzeit Träger der Ratspräsidentschaft und wollen zusammen mit der EZB und anderen EU-Notenbanken nach einer sinnvollen Möglichkeiten suchen, die Libra-Pläne von Facebook entsprechend zu beantworten. Ein digitaler Euro ist dabei laut einem Sprecher nur eine von vielen Möglichkeiten.

Auch wenn sich Notenbanken, Aufseher und Politiker gegen die Einführung von Libra wehren. Die potenziell hohe Zahl der User von Facebook und deren Nutzung der geplanten Digitalwährung würde im internationalen Geldsystem für viel Unruhe sorgen.

Privatbankenverband verfasst Positionspapier zu digitalem Euro

Auch der deutsche Privatbankenverband BdB schaltet sich mit einem Positionspapier in die aktuelle Diskussion ein und fordert, sich nicht länger dem programmierbaren Digitalgeld zu verweigern. Dort sieht man Kryptowährungen als eine Innovation mit bedeutendem Potenzial.

Eine gemeinsame europaweite Zahlungsverkehrsplattform für den digitalen Euro könnte ein Beitrag Deutschland zu einem zukunftsfähigen und innovativen Geldsystem sein, heißt es weiter.

Eine private Währung wie Libra wäre mit enormen Risiken verbunden, die in keiner Weise hinnehmbar sind, sagte BdB-Präsident Hans-Walter Peters laut „Der Standard“.

Der Verband sieht die Notwendigkeit der staatlichen Regulierung und fordert Gesetzgeber und Regulierungsbehörden auf, die notwendigen Grundlagen für digitale Innovationen insbesondere im Bankensektor zu schaffen.

Im Positionspapier heißt es weiter, denkbar wäre ein programmierbarer Euro auf Konten- sowie Krypto-Basis, bei dem die Interoperabilität mit dem Girageld sichergestellt ist.

Einheitliche aufsichtsrechtliche und regulatorische Rahmen sind dafür genauso notwendig wie die Kooperation zwischen europäischen Marktteilnehmern, sowie ein einheitlicher europäischer Identitätsstandard.

Währungen sollen nicht in private Hände

Olaf Scholz hat seine Kritik gegenüber der Einführung von Libra gerade erst auf der Herbsttagung des internationalen Währungsfonds in Washington erneuert. Private Firmen sollten nicht in Konkurrenz zum Euro oder Dollar treten. Er betonte aber auch, dass die Finanzbranche dringend effizienter werden müsse.

In der von der Bundesregierung verabschiedeten Blockchain-Strategie gibt es einen straffen Fahrplan, um die Chancen der Technologie zu nutzen. Dort äußerte sich Bundesminister Scholz engagiert über den Ausbau Deutschlands zu einem führenden Technologie Standort, wolle aber das Ausgeben einer Währung keinesfalls Privatunternehmen überlassen.

Der Finanzbranche fehlt es an Innovationen

Die Bankenbranche braucht neue Impulse, etwa weil Kunden immer wieder über die zu hohen Kosten beim grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr monieren. BdB Präsident Peters sieht zudem die Gefahr, dass der Markt den anderen überlassen wird und Europa verdrängt wird.

Auch wenn Libra noch einige Startschwierigkeiten hat, für einen Ruck durch die obersten Reihen scheint die Ankündigung von Facebook gereicht zu haben. Die Idee von Digitalgeld in Deutschland wird demnach sogar auf Bundesebene zumindest diskutiert.

Es bleibt abzuwarten, auf was sich die EU-Finanzminister einigen können und welche Beschlüsse aus dem Papier hervorgehen werden.

Libra wäre die erste globale Digitalwährung als Konkurrenz zu Zentralbankgeld. Die digitale Währung muss aber auf unterschiedliche ökonomische Entwicklungen angemessen reagieren. Wir haben gerade erst gesehen, welche Wirkung eine gemeinsame Währung im Europaraum hinsichtlich wirtschaftlicher und politischer Konflikte hat.

Libra wird zum Schrecken der Finanzwelt

Selbst wenn die neue Geldform auf Akzeptanz stieße, so ist eine digitale Währung von einem gewinnorientierten und börsennotierten Unternehmen als kritisch zu betrachten. Es besteht ein hohes Risiko, dass Libra im Wettbewerb mit offiziellen Leitwährungen zur Verschärfung von Konflikten führt.

Kapital könnte in großen Mengen abgezogen und mit gleichzeitig hohem Zufluss das wirtschaftliche Gleichgewicht erheblich stören.

Datenschützer haben bereits Bedenken geäußert, denn die Einbindung eines E-Euros in die herkömmlichen Finanzprodukte würde dem Finanzministerium praktisch auf Knopfdruck ermöglichen, beim Kunden mitzulesen.

Damit wäre erkennbar, welche Zahlungsströme vorhanden sind und wohin das Geld geht. Transaktionen mit hoher Transparenz sind aber nicht Ziel von Kryptowährungen.

Digitaler Euro soll halb transparent sein

Wünschenswert wäre die Offenhaltung von Kanälen, in denen Abläufe komplett privat bleiben. Die Erfolgsaussichten von Stablecoins würden sich ohnehin deutlich erhöhen, wenn das kryptobasierte private Geld Zugang zu Zentralbankgeld hätte.

Unklar ist derzeit noch völlig, wie der digitale Euro auf Wechselkursänderungen und steigende Volatilität an den Kapitalmärkten reagiert. Und Datenschützer würden sicherlich auch noch mitreden wollen.

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