Interview Frankfurt School Blockchain Center
Blockchainwelt: Hallo Robert und vielen Dank für die Gelegenheit zum Interview heute. Das Thema Studieren und Blockchain gehört zu den gefragtesten in der Google-Suche.
Daher sind unsere Leser sehr gespannt darauf, was du uns über die Frankfurt School erzählen kannst. Vielleicht beginnen wir mit einer Vorstellung der Frankfurt School und dem Blockchain-Center.
Robert: Sehr gerne, Stefanie. Das ist eine tolle Gelegenheit für mich, über die aktuellen Projekte zu sprechen und die Leser der Blockchainwelt über neue Angebote zu informieren.
Das Frankfurt School Blockchain Center ist Teil der Frankfurt School of Finance & Management gGmbH, die 1957 gegründet wurde. 2017 wurde das Frankfurt School Blockchain Center, kurz FSBC, von Prof. Dr. Philipp Sandner als Think-Tank gegründet.
Derzeit arbeiten ca. 14 Mitarbeiter an dem FSBC. Die Einrichtung ist sehr breit aufgestellt und hat vor allem das Ziel, das Wissen um die Blockchain-Technologie in die Gesellschaft zu transportieren.
An dem FSBC gibt es vier Säulen für den Geschäftserfolg:
- Forschungsaspekt: Hier sprechen wir von einer massentauglichen Forschung, die auch akademische Forschung enthält. Wir kommunizieren hier primär über den Kommunikationskanal Medium und über unsere eigenen Kanäle. Es geht darum, das Wissen, das wir über die Blockchain-Technologie besitzen, hinaus in die Welt zu tragen. Außerdem sind wir aktiv in der angewandten Forschung, das heißt diverse Klienten kontaktieren uns, wenn sie Studien zu aktuellen Themen in der Blockchain Industry, wie z. B. Stablecoins oder CBDC, benötigen.
- Education und Training: Wir haben eine breit gefächerte Produktpalette. Unter anderem bieten wir eine Online-Masterclass über unsere Blockchain Academy an und sind im Bereich der Executive Education mit der Seminarreihe Digital Assets und dem Certified Blockchain Expert gut aufgestellt. Wir sind vor allem stolz darauf, dass im November 2022 bei uns ein neuer Masterstudiengang starten wird, der sich mit der Blockchain-Technologie befasst. Der Studiengang heißt “Master in Blockchain and Digital Assets”.
- Events und Conferences: Wir veranstalten mindestens 1x im Jahr die Crypto-Asset-Conference, bei der es um die neuesten Themen aus dem Bereich der Krypto-Assets und Blockchain geht. Während Corona sind wir auf ein Online-Format umgestiegen, aber werden höchstwahrscheinlich im April wieder eine Konferenz vor Ort anbieten können. Außerdem bieten wir viele Webinare an, was wir auch über die Pandemie hinaus beibehalten werden.
- Start-up Advisory: Da arbeiten wir mit Start-ups zusammen und kümmern uns um das Founding. In diesem Zusammenhang haben wir mit der EU das Projekt Blockpool betreut, indem wir 25 Start-ups von uns von der Idee bis zum Minimal Viable Product begleitet haben. Es haben auch tatsächlich 24 der 25 beteiligten Jungunternehmer bis zum MVP geschafft.
Robert Richter ist Dozent und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Frankfurt School of Finance & Management. Als Experte für Blockchain-Technologie im Allgemeinen und dezentrale Finanzen (DeFi) im Besonderen unterrichtet Robert Richter Führungskräfte, Manager und Studenten in akademischen Studiengängen und in der Executive Education.
Seine Forschung und Publikationen konzentrieren sich auf die Portfoliooptimierung mit Krypto-Assets. Bevor er zur Frankfurt School kam, war Robert erfolgreich im Finanzdienstleistungsbereich bei der Lloyds Banking Group, Deloitte UK und Deloitte Schweiz tätig.
Robert hat einen Masterabschluss in Wirtschaftswissenschaften von der University of Warwick und ist CFA Charterholder.
Blockchainwelt: Welche Angebote gibt es an der Frankfurt School für Blockchain, DeFi und die anderen wichtigen Technologietrends?
Robert: Die Nachfrage ist groß, das kann ich schon mal sagen. Unsere Angebote sind aber auch breit aufgestellt und decken verschiedene Bereiche ab.
Immer mehr spielt sich unser Leben auf digitalen Plattformen ab. Welche Konsequenzen hat die Entstehung digitaler Ökosysteme für die #Banken? Prof. Dr. Jürgen Moormann, Professor für Bank- und Prozessmanagement, gibt einen Ausblick auf das Bankenjahr 2022. https://t.co/oTYzWjkrzi
— Frankfurt School (@FrankfurtSchool) February 2, 2022
Blockchainwelt: Welche sind das?
Robert: Da ist zunächst die Frankfurt School Blockchain Academy. Ein Konzept für das Learning on demand, in dem es um die Einführung in die Blockchain-Technologie geht. Die Angebote sind kostenpflichtig.
Dann gibt es die Angebote für DLT- und DeFi-Talents. Beide Programme sind Live-Onlinekurse und bestehen insgesamt aus zehn Sessions über 20 Wochen. Bei DLT-Talents sind wir in der dritten Kohorte und bei DeFi-Talents beginnen nun die Bewerbungen für die zweite Kohorte.
DLT-Talents ist nur für Frauen aufgesetzt, um mehr weibliche Talente für den Sektor zu begeistern. Das DeFi-Talents-Programm ist darauf ausgelegt, die Teilnehmer im Bereich Decentralized Finance zu schulen. Dieses Programm ist für Männer als auch Frauen offen.
Blockchainwelt: Wie ist denn die Nachfrage der Damenwelt nach dem Angebot?
Robert: Es ist eine große Anzahl an Bewerbungen eingegangen, sodass wir leider nicht alle berücksichtigen können. Allerdings wird es auch in Zukunft weitere Kohorten geben, damit wir so viele Frauen wie möglich schulen können.
Blockchainwelt: Wie ist die Qualität der eingehenden Bewerbungen und wer bewirbt sich da in der Regel?
Robert: Sowohl bei DLT- als auch bei DeFi-Talents stellen wir fest, dass einerseits sehr erfahrene Leute aus dem Finanzwesen teilnehmen und andererseits zahlreiche jüngere Leute ihre Bewerbung einreichen. Da sind hervorragende Synergien möglich.
Bei den Bewerbern gibt es Männer und Frauen, die Teilnahme ist kostenlos. Die Bewertungen sind durch die Decke gegangen in der letzten Zeit. Wir können dieses Format kostenlos anbieten, da wir sehr zuverlässige Partner als Sponsoren gewinnen konnten.
Die Teilnahme an den Events ist ohne Programmierkenntnisse möglich, aber natürlich ist das hilfreich.
Blockchainwelt: Im Vorfeld hattest du die Kurse im Rahmen des Certified Blockchain Expert erwähnt. Kannst du uns hierzu mehr erzählen?
Robert: Ja, natürlich. Beim Certified Blockchain Expert geht es um einen Kurs, der aufgeteilt ist in acht Module. Es werden an jeweils zwei Viertagewochen verschiedene Themen bearbeitet und der Kurs endet mit einer mehrseitigen Seminararbeit zu einem selbstgewählten Thema.
In Kombination mit anderen Partneruniversitäten haben wir außerdem noch das DLT Education Consortium, kurz DEC, ins Leben gerufen.
Blockchainwelt: Gibt es bei euch auch einen Masterstudiengang für Blockchain im Angebot?
Robert: Ja, den gibt es. Der ist ganz neu und startet ab November 2022. Es gibt auch noch freie Plätze, wir nehmen also noch Bewerbungen entgegen. Der Master of Blockchain and Digital Assets richtet sich zum einen an studienorientierte junge Menschen, die bereits einen Bachelor-Abschluss und mindestens ein Jahr Berufserfahrung haben. Der Studiengang umfasst vier Seminare, die in Blöcken stattfinden.
Blockchainwelt: Sind auch Führungskräfte die Zielgruppe? Ich kann mir vorstellen, dass viele Unternehmer auf der Suche nach Informationen über Blockchain sind, oder?
Robert: Für Führungskräfte bieten wir die Seminarreihe Digital Assets an. Diese Seminarreihe besteht aus vier Blöcken à 2,5 Tage. Ziel des Kurses ist es, Führungskräften die Technologie näherzubringen.
Dabei legen wir den besonderen Fokus auf die Use Cases und das Verständnis, was die Technologie für die eigene Branche und das Geschäft bedeutet. Die zweite Kohorte läuft bereits, aber wir nehmen noch Bewerbungen für dritte Kohorte entgegen.
Blockchainwelt: Am Ende der Kurse gibt es ein Zertifikat. Ist das für alle Angebote so?
Robert: Ja, das Zertifikat ist sehr aussagefähig und verifiziert das angeeignete Wissen. Wir stellen uns auch absichtlich breit auf, beispielsweise mit unseren Kursen mit Zertifikat. Wir nehmen wahr, dass unsere Zertifikate hervorragend angenommen werden.
Allein die Teilnahme an einem unserer Angebote bedeutet für die Teilnehmer schon einen deutlichen Mehrwert, das wird uns immer wieder zurückgemeldet.
Blockchainwelt: Wie sieht es mit dem Frauenanteil aus?
Robert: Bei den Kursen für Geschäftsführer sind es zwar mehr Männer, aber ich würde sagen, das Verhältnis ist 70/30, vielleicht auch 60/40.
Als ich zuletzt mit Max Lautenschläger von Iconics Funds auf einem Vortrag war, ist eine Dame auf mich zugekommen und saß wenige Tage später bei uns im Seminar.
Blockchainwelt: Haben wir in Deutschland den Trend bei Blockchain und Digitalisierung verpasst, hängen wir zurück? Gibt es zu wenige Programmierer und Entwickler hierzulande?
Robert: Also aus meiner Sicht verpassen wir in Deutschland auf keinen Fall den Anschluss. Wenn ich das heute mit der Einführung des Internets vor 20 Jahren vergleiche, da waren wir wirklich schnell abgehängt.
Aber bei der Digitalisierung und Blockchain ist Deutschland bei der Regulierung neben der Schweiz absoluter Vorreiter im europäischen Raum.
Man merkt, dass der Wille da ist und Deutschland ist sehr aktiv im Vergleich zu anderen Ländern. Das merkt man vor allem durch die Einführung des elektronischen Wertpapiergesetzes und dem Fondsstandortgesetz.
Blockchainwelt: Was würdest du dir denn wünschen von der Regierung?
Robert: Wünschenswert wäre eine schnellere Entscheidungsfähigkeit in gewissen Bereichen. Andere Länder wie die USA oder China sind uns da schon weit voraus. Wir wissen, wo es hingehen muss und die EU fördert auch sehr rege verschiedene Projekte.
Wir können uns diesbezüglich kaum vor Anfragen retten und werden regelmäßig gefragt, ob wir an neuen Projekten teilnehmen wollen.
Blockchainwelt: Wie sieht es mit den Fachkräften, speziell den Entwicklern in Deutschland, aus.
Robert: Es ist tatsächlich schwierig, in Deutschland an Entwickler heranzukommen. Die Entwicklungszentren sind häufig in Osteuropa. Ich weiß nicht genau, woran es liegt, aber ich sehe es nicht unbedingt so, dass uns mehr Entwickler wirklich weiterbringen.
Neue Geschäftsmodelle leben das Prinzip des Ökosystems, daher müssen die Entwickler nicht unbedingt regional verfügbar sein.
Frauen kommen vor allem proaktiv auf uns zu und sind sehr kurzentschlossen.
Blockchainwelt: Was sind die Voraussetzungen für die Zulassung / Aufnahme zu den Studiengängen oder Kursen?
Robert: Bei der Academy gibt es keine Voraussetzungen zur Teilnahme. Bei den DeFi-Talents gibt es keine harten Kriterien. Hier fragen wir nur nach einer Bewerbung mit einem Cover-Letter und dem CV. Die Angebote für Geschäftsführer richten sich ausschließlich an diesen Personenkreis.
Beim Master sieht es anders aus, denn da müssen die Bewerber mindestens einen Bachelor-Abschluss und mindestens 1 Jahr Arbeitserfahrung nachweisen. Programmierkenntnisse wären gut und hilfreich, sind aber keine Bedingung für die Aufnahme.
Blockchainwelt: Was kostet der Masterkurs und wie lange dauert er?
Robert: Der Master-Studiengang dauert vier Semester, die Kosten belaufen sich auf insgesamt 33.000 €. Der erste Master findet ab November 2022 statt, es handelt sich dabei nicht um volle Semester, sondern um Blockwochen.
Dieser Master ist eine völlig neue Idee, denn es gibt noch nicht viele Master in Blockchain. Davon kommen aber in der Zukunft hoffentlich mehr Anbieter auf den Markt, denn die Nachfrage scheint groß.
Blockchainwelt: Wie siehst du die Zukunft von DLT und Blockchain? Welche Bereiche haben das meiste Potenzial, was wird nicht überleben? Was ist nur Hype, was sinnvolle Technologie?
Robert: Der NFT-Markt ist aus meiner Sicht derzeit gehypt, aber die Technologie dahinter ist sehr sinnvoll. Zum Beispiel gab es ein Projekt mit dem Umweltbundesamt. Da ging es auch um NFT, aber nicht als lustiger Avatar oder digitales Kunstwerk, sondern um CO₂-Emissionen.
Ich denke, gerade wegen des Klimawandels und dem Treiber der Folgen davon, dem CO₂, wird sich die Tokenisierung durchsetzen. Wir denken auch an neue Geschäftsmodelle für Wälder. Statt sie abzuholzen, können Waldbesitzer das gebundene CO₂ tokenisieren und diese Token an Menschen oder Firmen verkaufen, die ihren CO₂-Ausstoß ausgleichen müssen.
Die Blockchain an sich ist nicht mehr wegzudenken, da haben wir den kritischen Punkt längst überschritten. Der End-User wird zukünftig nicht mitbekommen, dass eine Blockchain im Hintergrund läuft. Das interessiert keinen mehr, der Fokus liegt nur noch auf der Anwendung.
Auch der Bereich von DeFi wird sich weiterentwickeln, vor allem als Nischenprodukt im Bereich der Financial Inclusion, denn da sind noch einige Lücken zu schließen. Ungesicherte Kredite und Mikrokredite für Menschen ohne Zugang zum Finanzwesen stellen aus meiner Sicht ein großes Potenzial dar.
Mehr Informationen zum NFT-Hype gibt es in unserem Interview mit Lukas Fiedler von Blockmagazin.
Blockchainwelt: Welchen Master wünschst du dir für die Zukunft?
Robert: Ich fände einen Master in der Programmierung angebracht. Allerdings liegt das wohl auch an meinem eigenen beruflichen Hintergrund als Ökonometriker, das ist ein Mix aus Statistik und Ökonomie. Dadurch bin ich relativ nah an Daten dran und einen solchen Master würde ich sofort machen.
Blockchainwelt: Wie positioniert sich die Schule gegenüber anderen am Markt, was macht sie so erfolgreich / einzigartig?
Robert: Wir haben ein tolles Team und sind eine kleinere Hochschule, dementsprechend können wir schnell und unkompliziert agieren.
Mit Prof. Dr. Philipp Sandner haben wir auch einen der Blockchain-Experten Deutschlands an Bord, dem die Ausbildung sehr am Herzen liegt. Dementsprechend entstehen auch innovative Mentoringformate wie DLT-Talents und DeFi-Talents.
Blockchainwelt: Was wären erfreuliche Entwicklungen aus deiner Sicht in Deutschland? Gibt es konkrete Dinge, von denen du dir eine Verbesserung wünschst?
Robert: Ich würde mir wünschen, dass die Gesetzgeber im regulatorischen Bereich weiter pushen, vor allem auf EU-Ebene. In Deutschland sind wir schon hervorragend unterwegs. Aber es sind neue Geschäftsmodelle möglich und die Ökosysteme rund um DeFi oder CO₂ sind sehr aktiv.
Grundsätzlich kann ich sagen, dass wir dafür sorgen wollen, dass mehr Leute fundiertes Wissen von der Blockchain-Technologie bekommen und so Vorurteile und Vorbehalte gegenüber der Technologie abgebaut werden.