Sind DPNs die Zukunft der Privatsphäre im Internet?
Zunehmende Zentralisierung führte in den vergangenen Jahren unweigerlich zu mehr Überwachung.
VPNs wurden vielerorts als eine der Lösungen für dieses Problem angepriesen, jedoch haben auch sie bestimmte Schwächen. Sind DPNs die Zukunft der Privatsphäre im Internet?
Internetzensur lässt VPNs wachsen
Geoblocking und IP-Sperren: die Überwachung wächst immer weiter. Sowohl in der realen Welt als auch im Internet.
Auch der deutsche Staat betreibt eine starke Zensur im Internet und schafft es in der Rangliste der meisten Google-Regulierung global sogar auf den neunten Platz.
Dieses Hindernis ist vielen Nutzern nicht neu. Große Bekanntheit erlangte vor allem die durch die deutsche GEMA verordnete Zensur der Videoplattform YouTube, die 2016 endlich ein Ende hatte.
Zuvor stellte die Zensur viele Deutsche vor die Frage, wie sie die gesperrten Videos dennoch ansehen und die heißbegehrte Musik auf YouTube konsumieren können. Neben Proxy-Adressen griffen viele Nutzer vorrangig auf VPN-Dienste zurück.
Im Zuge dessen erlebte die VPN-Branche ein rasantes Wachstum und wurde durch Werbung auf YouTube allgegenwärtig. Anbieter wie NordVPN oder Surfshark sind seitdem in aller Munde.
Was genau sind VPNs?
In der Werbung werden VPNs gerne als Alleskönner dargestellt, welche die Privatsphäre des Nutzers schützen, aber auch die Anfälligkeit gegenüber Computerviren vermindern. Was ist überhaupt ein VPN und was bringt der Dienst?
VPN steht für virtuelles privates Netzwerk und bezeichnete eigentlich ein System, das analog zu einem lokalen Rechnernetzwerk funktioniert, das miteinander kommuniziert, ohne dabei Daten an Dritte weiterzugeben – in diesem Fall wäre das ein Internetanbieter (ISP).
Das VPN hat jedoch die Besonderheit, dass dieses Netzwerk nicht lokal existiert, sondern lediglich virtuell simuliert wird.
Vor neugieriger Spionage von außen schützt es trotzdem. Das einzige Problem: Sender und Empfänger wissen dennoch, mit wem sie kommunizieren. Sowohl der Nutzer, als auch die besuchte Webseite können den Kontaktpartner also weiterhin ausmachen.
Um auch diese Schwachstelle auszumerzen, entwickelten sich SSN-VPNs, wie NordVPN oder Surfshark.
Sie gestatten einen verschlüsselten Fernzugriff – wie ein klassisches VPN – kombinieren diesen aber obendrein mit einem Proxy-Mechanismus.
Folglich verbindet sich der Nutzer mit einem Server, der die Datenabfrage für den Nutzer tätigt und die Daten zwischen Nutzer und Webdienst hin- und herleitet, sodass die IP des Nutzers nicht mehr direkt mit dem Vorgang in Verbindung kommt.
Zumindest theoretisch. VPNs erfreuen sich riesiger Beliebtheit. Auch Hacker verwenden sie und werden immer wieder von den VPN-Diensten enttarnt.
Denn: Auch wenn sie es selten zugeben, können sie Daten sammeln und die Tätigkeiten ihrer Nutzer im Internet nachvollziehen.
Oft kooperieren die VPN-Anbieter mit den Strafvollzugsbehörden und geben die Identität des Nutzers preis.
Im Fall des Bitfinex-Hacks wurde ebenfalls ein VPN-Anbieter dem Täter zum Verhängnis und sorgte für die größte Beschlagnahme aller Zeiten.
Der VPN-Dienst gab den Behörden die Kontodaten des Nutzers, der über seinen angegebenen Namen und seine E-Mail-Adresse identifiziert werden konnte.
Retten VPNs wirklich die Privatsphäre?
Offensichtlich ist also, dass die vermeintlich lückenlose Sicherheit der VPNs Schwachstellen hat. Diese Schwachstelle liegt in der Zentralisierung der Dienste selbst. Da klassische Unternehmen die SSL-VPNs betreiben, fallen Daten an zentralen Orten an.
Das wissen natürlich auch die Strafbehörden und nehmen bei Ermittlungen gern die Firmen ins Visier. Oft liegt dort der Knackpunkt und die Nutzer können schließlich doch identifiziert werden.
Was einerseits zur Aufklärung von Verbrechen dient, lässt sich andererseits auch von Regierungen und den VPN-Anbietern selbst missbrauchen. Um eine vertraulichere Alternative zu schaffen, entwickelten sich zuletzt sogenannte dVPNs oder DPNs.
Was ist ein dVPN oder DPN?
DPN steht für dezentrales privates Netzwerk, während dVPN für dezentrales virtuelles privates Netzwerk steht.
Beide Begriffe haben ein und dieselbe Bedeutung, werden aber hauptsächlich von jeweils einem bestimmten Projekt verwendet.
dVPN ist die Bezeichnung, welche Sentinel auserkoren hat. Das Projekt basiert auf der Smart Contract Blockchain von Cosmos (ATOM).
Der Unterschied zu SSL-VPNs ist, dass Sentinel keine Server anmietet, sondern alles der Gemeinschaft von Nutzern überlässt.
Diese können ihre eigene IP-Adresse bereitstellen, über welche andere Nutzer dann surfen. Als Belohnung bekommen sie den dVPN Token. Diesen Vorgang bezeichnet Sentinel als Bandwidth Mining.
Das quelloffene Projekt ist wesentlich von den Entscheidungen der Token-Halter abhängig, welche dazu berechtigt sind, an Abstimmungen teilzunehmen und so die Zukunft des Projekts zu gestalten.
Sentinel selbst sieht sich in einer Reihe von vertraulichen Entwicklungen, die mit Kryptowährungen im Zusammenhang stehen und mit Bitcoin begannen.
Aktuell ist das Angebot von Sentinel kostenlos und steht für Android bereit. In Zukunft soll es ein bezahltes Abonnement geben.
Deeper Network erschafft Hardware-DPN
Eine Alternative dazu bietet das Deeper Network, welches sein Produkt als DPN bezeichnet. Im Gegensatz zu allen zuvor erwähnten Dienstleistern, besteht das Deeper Network allerdings nicht nur aus Software, sondern auch aus Hardware.
Die von Deeper Network eigens entwickelten Netzknoten müssen erst teuer erworben werden. Hier ist es nicht möglich, einfach die eigene Internetleitung ins System einzuspeisen. Je nach Modell fallen mehrere Hundert Euro an.
Dafür möchten die Entwickler dem Nutzer ein unvergleichlich komfortables Erlebnis bereiten. Es sei nicht mehr nötig, als den physischen Netzknoten einfach an Router, Modem oder Endgerät anzuschließen, um am Netzwerk teilzuhaben.
Schon ist man mit weiteren Netzknoten verbunden. Davon hat Deeper laut eigener Aussage inzwischen über 100.000 rund um den Globus. Ein Adblocker sei laut Entwickler nicht mehr nötig – diese Aufgabe übernimmt der Netzknoten.
Deeper verfolgt das gleiche Prinzip wie Sentinel und bezahlt die Netzknoten mit einem eigenen Token. Deeper gibt den ERC-20 Token DPR aus.
Anders als bei der Konkurrenz gibt es bei hier allerdings kein Abonnement. Jeder Nutzer zahlt nur einmalig für seinen Netzknoten und wird für dessen Bereitstellung wiederum bezahlt.
Deeper Network: DPN lässt Multi-Routing zu
Durch zusätzliches Staking lässt sich die Vergütung noch erhöhen. Bis 2024 will das Projekt ein Netzwerk aus einer Million Nutzern weltweit bereitstellen.
Bisher läuft es sogar so gut, dass es für eine Produktplatzierung auf dem YouTube-Kanal Unbox Therapy reichte.
Dort äußerte sich Deepers Marketing Manager über die Fähigkeiten des Netzwerks und machte auf neue Stärken aufmerksam.
Nicht nur die Dezentralisierung durch das Netzwerk sei ein großer Fortschritt. Auch sonst seien große technische Entwicklungen gelungen.
Dazu gehört das Multi-Routing, das bei SSN-VPNs sonst nicht möglich ist. Dort entscheidet man sich für einen bestimmten Server, mit dem man anschließend verbunden ist.
Das Deeper Network stellt jedoch Geräte bereit, die schlau genug sind, den Standort des genutzten Dienstes zu erkennen und anschließend eine Verbindung zu einem sinnvollen Netzknoten einzugehen.
Bei mehreren gleichzeitig geöffneten Webseiten sei es so möglich, die Verbindung zu jeder Seite über einen anderen Netzknoten aufzubauen – sofern das denn nötig ist. Deeper Network nennt diese Funktion Smart Routing.
Aktuell ist ein System in der Entwicklung, das Werbung im Netzwerk ermöglicht. So können außenstehende Parteien und Teilhaber des Netzwerks bezahlte Werbung schalten, die Nutzern auf Wunsch angezeigt wird. Dafür erhalten sie ebenfalls eine Bezahlung.