Finoa Interview mit Gründer Christopher May
Blockchainwelt: Hallo Christopher, darf ich Chris sagen? Schön, dass du für die Blockchainwelt Zeit hast und unseren Lesern mehr Informationen über Finoa geben wirst.
Chris: Na klar – die Blockchainwelt ist eine tolle Gelegenheit, mehr über unsere digitale Plattform für Assets zu berichten.
Blockchainwelt: Du erwähntest bereits, Finoa ist eine digitale Plattform für Assets. Kannst du uns mehr dazu erzählen?
Chris: Finoa ist eine Management-Plattform für institutionelle Anleger, die einen regulierten und sicheren Rahmen für die Verwahrung ihrer digitalen Vermögenswerte benötigen.
Wir bieten unseren Kunden allerdings nicht nur die Verwahrung, sondern auch weitere Services an, so z. B. Staking. Überdies planen wir zukünftig auch weitere Themen zu evaluieren wie Brokerage, Lending oder auch Governance und uns somit zu einem vollumfänglichen Anbieter zu entwickeln.
Blockchainwelt: Wie sieht das Thema Kryptowährungen in Deutschland aus?
Chris: Aus meiner Sicht werden Kryptowährungen in Deutschland mehr und mehr wahrgenommen. Das Thema wird relevanter, kommt im Vergleich zu 2017/2018 mehr und mehr Richtung Mainstream und wird nicht mehr als „Seifenblase“ wahrgenommen.
Die Gesetze für die Kryptoverwahrung haben ebenso dazu beigetragen wie der steigende Druck auf Banken und Institutionen, dass ihre Kunden sich für Kryptowerte interessieren.
Dann kam Corona, aber durch MicroStrategy, Tesla oder PayPal blieb das Thema trotzdem an der Oberfläche. Die gesetzlichen Regelungen der Bundesregierung setzen Banken und Investoren großflächig unter Druck.
Wer ist Christopher May?
Christopher May ist Mitbegründer und Co-CEO von Finoa, einer führenden europäischen Plattform für die Verwahrung digitaler Vermögenswerte und Finanzdienstleistungen für institutionelle Anleger und Unternehmen.
Vor der Gründung von Finoa war er bei McKinsey & Company tätig, wo er Banken und Versicherungen in den Bereichen Strategie, Unternehmensfinanzierung und digitale Transformation beriet, und davor bei der BHF-BANK in der Vermögensverwaltung.
Er hat einen Abschluss in Betriebswirtschaftslehre von der WHU – Otto Beisheim School of Management (Vallendar, Deutschland) und der University of Southern California (Los Angeles, USA) und erhielt seinen MBA von der IE Business School (Madrid, Spanien).
Chris ist Gastdozent an der Kellog School of Management sowie an der Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main.
Blockchainwelt: Welche Zielgruppen bedient ihr mit Finoa?
Chris: Unsere Zielgruppen sind klar institutionelle und professionelle Investoren, die wir als Direktkunden bedienen. Dies können Asset Manager, VC Fonds oder auch Unternehmen direkt sein.
Überdies bieten wir unsere Lösung auch Kunden an, die eine Leistung für Dritte, also seine Endkunden, anbieten. Das Ganze als Frontend-Lösung sowie als API-Schnittstelle.
Blockchainwelt: Wie siehst du die Lage in großen Konzernen, also wie offen sind die Unternehmen hierzulande für Krypto?
Chris: Grundsätzlich sehe ich eine zunehmende Offenheit und Bereitschaft, sich dem Thema zu widmen. Bei großen Konzernen besteht allerdings häufig die Gefahr, dass Prozesse unheimlich lange dauern.
Die Strukturen sind häufig klassisch hierarchisch aufgebaut, viele in den ersten Chefetagen eher konservativ eingestellt. Daher haben wir schon des Öfteren gesehen, dass geplante Konzepte am Ende nicht in die Umsetzung gehen. Generell sieht der Trend aber positiv aus.
Blockchainwelt: Derzeit ist primär der institutionelle Investor im Fokus von DeFi-Plattformen und -Lösungen. Es scheint fast so, als stünde dort Geld grenzenlos zur Verfügung. Wie siehst du das? Und woran könnte das liegen?
Chris: Wir befinden uns derzeit in einer geldpolitischen Phase, in der viel neues Geld gedruckt wird. Es gibt also ein gewolltes Überangebot an Geld.
Während das früher auch gleichzeitig die Angst vor einer Inflation beflügelt hat, haben wir gesehen, dass trotz sehr expansiver Geldpolitik die Inflation in den letzten Jahren nicht so stark anstieg.
Aktuell sehen wir eine erste stärkere Erhöhung der Verbraucherpreise. Durch die Geldpolitik sind klassische Assets immer teurer geworden, denn ihr Angebot hat sich unter der Erhöhung der Geldmenge nicht gesteigert.
Daher wird bei vielen Investoren der Glaube vertreten, dass physische Werte wie Gold sicherer vor einer Inflation sind – und zu Teilen auch sicherer vor dem Staat, z. B. bei höherer Besteuerung.
Der Bitcoin wird alsbald ebenfalls mit Gold verglichen und wird manchmal als „Digitales Gold“ bezeichnet.
It is here to stay!
Blockchainwelt: Geht es hier also auch um Vertrauen in die Regierung, die übergeordneten Instanzen und die Geldpolitik?
Chris: Ja, das kann man so sagen. Derzeit haben die Menschen ein geringes Vertrauen in staatliche Instanzen. Krypto ist im Endeffekt der Ausdruck, was wir seit 10 oder 12 Jahren bereits spüren, und zwar dass das Vertrauen immer weniger wird.
Wir möchten uns abkapseln von zentralen Instanzen und deshalb sind dezentrale Plattformen stark nachgefragt. Außerdem sehen wir derzeit, dass im Krypto-Markt hohe Renditen möglich sind.
Blockchainwelt: Wie ist es eigentlich zu dem Namen Finoa gekommen? Gibt es eine Geschichte dazu?
Chris: Wir wollen mit Finoa ein neues finanzielles Ökosystem schaffen, wo sich das traditionelle mit dem institutionellen System vereint. „Fi´“ steht also für die Finanzwelt. „Noa“ haben wir von nova abgeleitet, es bedeutet neu. Also ein neues Finanz-Ökosystem.
Blockchainwelt: Kann man auf eurer Plattform auch Token erstellen?
Chris: Die Erstellung von Token, die sogenannte Tokenisierung, ist keines unserer Kerngeschäfte. Wir fokussieren uns vollständig auf den Sekundärmarkt, also das Verwahren und Verwalten der Token.
Trading for @centrifuge ($CFG) is now officially available on different exchanges and platforms. We are proud to support its launch as the preferred institutional custodian.https://t.co/g1jnW2OWde#centrifuge #digitalasset #launch
— Finoa (@Finoa_Banking) August 23, 2021
Wir arbeiten aber mit unterschiedlichen Tokenisierungsplattformen zusammen, die diesen Service anbieten und haben hier bereits einige Projekte und Emissionen mitbegleitet.
Blockchainwelt: Wie viele Token sind denn bei Finoa angebunden?
Chris: Über 250 verschiedene Token sind bei uns verwahrbar. Da wir das Angebot dauerhaft ausbauen, ist diese Zahl aber natürlich nur eine Momentaufnahme.
Blockchainwelt: Eine Frage zur Sicherheit. Ihr beschreibt auf eurer Webseite, dass ihr die Hardware-Security-Module nutzt. Was genau verbirgt sich dahinter?
Chris: Hardware-Security-Module kann man sich als kleine Computer vorstellen, auf denen sich sensitive Informationen und Daten überaus sicher abspeichern lassen. Ähnlich wie dem Chip auf einer Kreditkarte besitzen HSMs eine eigene CPU.
Sie sind in der Theorie nicht von außen angreifbar und beinhalten die privaten Schlüssel. Nur das Modul kennt den privaten Schlüssel und es wurde speziell für den Schutz von diesen kryptografischen Schlüsseln über seinen gesamten Lebenszyklus hinweg entworfen. Es entwirft, speichert und verwaltet die kryptografischen Schlüssel.
HSMs werden in verschiedenen Industrien eingesetzt, in denen sensible Daten gespeichert werden. Dies streckt sich von Banken, Telekommunikationsunternehmen bis hin zu staatlichen Stellen und Geheimdiensten.
Hersteller von HSMs, von denen es weltweit nicht sehr viele gibt, sind hierdurch natürlich wichtige Zulieferer.
Blockchainwelt: Eine kritische Frage zum Schluss: Siehst du nicht die Gefahr von Abhängigkeiten, wenn beispielsweise nur eine Handvoll Hersteller solch ein Modul produzieren können oder dürfen?
Chris: Grundsätzlich hast du natürlich recht, denn die Abhängigkeiten sind da. Allerdings wäre ein Wechsel auf einen anderen HSM-Anbieter jederzeit möglich. Allerdings gibt es auf anderen Ebenen bereits zahlreiche größere Abhängigkeiten in unserem Alltag.
Nehmen wir die Serverlandschaften und die Google Cloud oder AWS. Die Weltwirtschaft entwickelt und steuert immer mehr Daten, da brauchen wir auch die entsprechende Infrastruktur.
Dieses Know-how gibt es eben nicht bei vielen Unternehmen, sondern vor allem in Händen der finanzstarken Global Players. Auch die Kryptowelt hängt teilweise an diesen großen Unternehmen, denken wir ans Internet oder den Strom.
Die Abhängigkeiten sind da und nicht zu leugnen, daher arbeiten wir als Kryptowelt ja allesamt an einer dezentraleren Welt, um Teile dieser Abhängigkeiten zu mitigieren oder zu beseitigen.
Ich möchte etwas besitzen, was mir der Staat nicht nehmen kann.