Sammelklage gegen BitConnect wird fortgesetzt
BitConnect ist als einer der größten Betrugsfälle in die Geschichte des Bitcoins eingegangen. Ein Gericht setzt die zivile Sammelklage gegen BitConnect fort, nachdem es in einer niederen Instanz zuvor einen Freispruch gegeben hatte.
Was war BitConnect?
BitConnect ist ein im Februar 2016 gestartetes Projekt. Es versprach den Anlegern, die ihre Bitcoin auf der Plattform einzahlen mussten, eine automatische Realisierung hoher Handelsprofite, die durch einen Trading-Bot erzeugt werden sollten.
Die Auszahlung der Profite geschah jedoch nicht in Form von BTC, sondern in BitConnects eigener Kryptowährung – dem BitConnect Coin (BCC). Von Beginn an fiel das Projekt durch eine skurrile Historie, aber auch durch bombastische, übertriebene Veranstaltungen auf.
Im Stile des Bitcoin, der vom ungewissen Satoshi Nakamoto erschaffen wurde, behaupteten diejenigen, die als Führungspersonen von BCC auftraten, dass anonyme Programmierer hinter BitConnect stecken.
Diese Programmierer seien angeblich öffentlichkeitsscheu und würden lediglich mit einer Person in Kontakt stehen, die als Bindeglied zur Öffentlichkeit fungiert. Dieses Glied bildete der Inder Satish Kumbhani, der von allen weiteren Mitarbeitern des Projekts als Führungsperson wahrgenommen wurde, die Verantwortung aber stets von sich wies.
Kumbhani behauptete, er sei selbst nur Unterstützer von BitConnect und für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig – ein Element, auf welches das Krypto-Projekt auffällig viel Wert legte.
BitConnect war ein Pyramidensystem
Warum Werbung und übertriebene Veranstaltungen, die im Stile großer Feste aufgezogen wurden, so wichtig für BCC waren, ließ sich bereits im Januar 2018 erkennen. BitConnect versprach Anlegern eine tägliche Rendite von einem Prozent. Ein Zinseszinseffekt war obendrein wirksam.
Natürlich war diese Versprechung übertrieben und sollte immer weiter neue Kunden anlocken, die man zusätzlich durch Großveranstaltungen und Animateure in Euphorie versetzen wollte.
Am 16. Januar 2018 beendete BitConnect die Auszahlung von Bitcoin. Obwohl BCC seinen Kunden versprach, die verbrieften Renditen in Form von BCC zu zahlen, machte sich am Markt Unruhe breit und das Vertrauen in das Projekt schwand dahin. Innerhalb kurzer Zeit stürzte der Kurs von BCC von fast 500 US-Dollar pro Coin auf null.
Wie groß BCC tatsächlich war, fällt beim Blick auf die historische Rangliste von CoinMarketCap auf. Einst erreichte der Coin den zwanzigsten Rang aller Kryptowährungen. Heute liegt dort Litecoin vor Cosmos und Chainlink.
Was zuvor schon vielen Beobachtern klar war, wurde im Januar 2018 also Gewissheit: BitConnect war ein Pyramidensystem. Anders als von Kumbhani behauptet, befanden sich an der Spitze der Pyramide keine geheimnisvollen Programmierer, sondern er selbst.
Tatsächlich hat es BitConnects Trading-Bot nie gegeben. Wer Kumbhanis Hinhaltetaktik bei Fragen nach dem Bot nicht vorher vernahm, hatte nun Gewissheit. Im September klagten US-Behörden den Inder wegen Betruges an. Die US-amerikanische Börsenaufsicht SEC vermutet einen Schaden von zwei Milliarden US-Dollar.
Wie bewerten Justizbehörden der USA BitConnect?
Doch Kumbhani ist nicht aufzufinden. Er verschwand mit einem Großteil des Geldes. Dennoch gehört er neben den BCC-Förderern Glenn Arcaro, Ryan Maasen, Trevon James, Ryan HiIdreth und Craig Grant zu den Angeklagten.
Die Promoter hatten jedoch weniger Glück und konnten den Strafverfolgungsbehörden nicht entgehen. Sie plädierten in einer zivilen Sammelklage bislang auf Freispruch. Der Grund: Wertpapierbetrug liege nicht vor, da die Werbemaßnahmen unspezifisch über das Internet geschahen.
Betrug bedeute hingegen, dass einem spezifischen Kunden eine Wertanlage gezielt schmackhaft gemacht wird. Über soziale Netzwerke sei das allerdings nie geschehen. Ohne direkte Aufforderung zum Kauf sei auch der Vorwurf des Betruges ungültig.
Ein Gericht des Southern District of Florida bestätigte die Argumente der Beschuldigten und entschied auf Freispruch.
Vorläufiger BitConnect Freispruch aufgehoben
Ein Bezirksgericht hob diese Entscheidung einer niederen Instanz jedoch auf. Richterin Britt Grant begründete die Aufhebung des Urteils wie folgt:
Da das Wertpapiergesetz keinen Freifahrtschein für Online-Werbung vorsieht, heben wir die Abweisung der Klage nach Abschnitt 12 durch das Gericht auf.
Grant fügte außerdem an, dass das vorherige Urteil verkrampft und sinnfrei wäre. Dem Urteil nach hätte ein persönlich adressierter Brief zur Verurteilung ausgereicht, während Videos im Internet zum Freispruch führten.
David Silver, der als einer der Anwälte der Sammelklage agiert, welche von ehemaligen Nutzern BitConnects angestoßen wurde, hält das neue Urteil für wegweisend.
This is an incredibly important decision that will reverberate for years to come.
The Securities Act provides no free pass for online solicitations. https://t.co/icRSpj8e3l
— David Silver (SILVER MILLER) (@dcsilver) February 18, 2022
Die Technologie ermöglicht neue Wege für die Investition und für den Betrug. Neue Arten des Betrugs sind allerdings nicht weniger Betrug.
Die US-Börsenaufsicht SEC klagte Glenn Arcaro gesondert an. Er befand sich schuldig und zahlte einen Vergleich. Seine Tätigkeit für BitConnect brachte Arcaro mindestens 24 Millionen US-Dollar ein.
BitConnect bleibt ein Meme der Krypto-Szene
Bis heute finden sich auf YouTube vielerlei Videos verärgerter Kunden von BitConnect, die teilweise die Ersparnisse ihres gesamten Lebens in das Projekt investierten und mit leeren Taschen da standen.
BitConnect entstand zu einer Zeit, als der Krypto-Markt immens wuchs und viele neue Menschen hereinströmten, denen die nötige Erfahrung fehlte. Viele der Neulinge wendeten sich BitConnect zu und machten die Plattform damit erst zu einem Debakel riesigen Ausmaßes, das bis heute als Lehrbild gilt.
Innerhalb der Szene finden Aufnahmen der BitConnect-Partys immer noch großen Anklang und bestehen als Meme fort. Der euphorische Carlos Matos ist dabei wegen seiner überschwänglichen Freude und enormen Übertreibung eine zentrale Figur.